Aus dem Inhalt / from the book:
Kurzzusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Kurzzusammenfassung:
Von Hitler direkt zu Stalin? Mit Blick auf die spätere DDR
scheint es, als habe sich in Ostdeutschland 1945 der
Übergang von einem Unrechtsstaat zum anderen unmittelbar
vollzogen. Dabei wird übersehen, dass nach dem Zusammenbruch
des Dritten Reichs zunächst alle Besatzungsmächte die
Absicht erkennen ließen, den deutschen Rechtsstaat wieder
aufzubauen. Mochte ein solches Vorgehen auf sowjetischer
Seite auch mehr aus taktischem Kalkül heraus erfolgen, im
Resultat unterschieden sich Ost und West zunächst nur wenig
voneinander: Während sich alle Siegermächte die
strafrechtliche Verfolgung von NS- und Kriegsverbrechen
vorbehielten, wurden seit Herbst 1945 in der SBZ ebenso wie
im Westen die bis 1933 gültigen Justizstrukturen
reorganisiert. Anders als von den kommunistischen
Remigranten um Walter Ulbricht gewollt, wies die Realpolitik
der sowjetischen Militäradministration (SMAD) anfangs in
eine scheinbar »bürgerliche« Richtung. Einzelne
Neuentwicklungen wie das Volksrichter-Programm fügten sich
zunächst weitgehend harmonisch in den entstehenden
Rechtsstaatsrahmen ein.
Die Monographie untersucht am Beispiel
Mecklenburg-Vorpommerns, welche Auswirkungen die politischen
Freiräume nach 1945 im Rechtsbereich zeitigten und wie die
KPD/SED-Machthaber den häufig ungewollten Entwicklungen
entgegenzuwirken versuchten. Dabei drohten auch eindeutige
Frontlinien zu verschwimmen. Selbst führende Kommunisten im
Justizdienst wirkten angesichts der zu bewältigenden
Aufgaben mitunter unsicher, ob sie der Parteidisziplin oder
ihrem Professionsdenken folgen sollten.
Möglichkeiten und Grenzen kommunistischer Durchherrschung
lassen sich am Beispiel der Justiz gleich aus zwei
Perspektiven beleuchten: Als Relikt eines »bürgerlichen«
Staatsverständnisses war der neue alte Rechtsstaat von
Anfang an Ziel kommunistischer Penetration. Gleichzeitig
wurde die Justiz gezwungen, eine zunehmend aktive Rolle bei
der »Verschärfung des Klassenkampfes« (z.B.
Wirtschaftsstrafgesetze, »Waldheimer Prozesse«) zu
übernehmen.
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Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung
- 1.1 Untersuchungsansatz
- 1.1.1 Herrschaft und Widerstand
1.1.2 Transformationsgesellschaft
1.1.3 Exkurs: Stalinistische Säuberungen
- 1.2 Geographische und chronologische Eingrenzung
1.3 Forschungsstand
1.4 Quellenlage und Archivsituation
1.5 Gliederung
2 Voraussetzungen für den justiziellen Neuaufbau in der
SBZ 1945 – Eine Einführung
- 2.1 Divergierende Nachkriegsplanungen der Alliierten
2.2 Grundlagen sowjetisch-kommunistischer
Justizkonzeptionen
- 2.2.1 Besonderheiten des sowjetischen Rechtssystems
2.2.2 Sowjetische Planungen und die Rolle der KPD im
Moskauer Exil
- 2.3 Innerdeutsche Reformansätze für das Rechtswesen
3 Widersprüchliche Signale (1945 bis 1948)
- 3.1 Unter neuer Herrschaft
- 3.1.1 Verwaltungsneuaufbau unter drei Besatzungsmächten
3.1.2 Die Entnazifizierung des Justizapparats
3.1.3 Sowjetische Strafverfolgung trotz deutscher Gerichte
3.1.4 Ungenaue Richtlinien der Alliierten für das
Rechtswesen
- 3.2 Neue Ideen und alte Strukturen
- 3.2.1 SMAD, SED und die Justizverwaltung
- 3.2.1.1 Machtkampf zwischen Parteiapparat und
Justizverwaltung
3.2.1.2 Die zentrale SED-Justizabteilung setzt ihren
Führungsanspruch durch
- 3.2.2 Das Gerichtswesen
- 3.2.2.1 Landgerichte als Zentren des Neuaufbaus
3.2.2.2 Kompetenzenverlust des Oberlandesgerichts zugunsten
der Landesverwaltung
- 3.2.3 Die Staatsanwaltschaft
- 3.2.3.1 »Der Generalstaatsanwalt braucht durchaus kein
Jurist zu sein.«
3.2.3.2 Vorübergehende Rückkehr zu rechtsstaatlichen
Verhältnissen
- 3.3 Die Volksrichter
- 3.3.1 Ausbildung und Aufgaben der Volksrichter
- 3.3.1.1 Widersprüchliche Entwicklungstendenzen im ersten
Volksrichterlehrgang
3.3.1.2 Fachliche Qualifikation oder politisches
Bewußtsein?
- 3.3.2 Die neuen Juristen in der Praxis
- 3.4 Ansätze für eine andere Justiz
- 3.4.1 Personelle Säuberungen
3.4.2 Die Unabhängigkeit der Richter
3.4.3 Die parlamentarische Auseinandersetzung um die Justiz
3.4.4 Justizpraxis, 1. Teil – Sowjetische Befehle und
deutsches Recht
- 3.4.4.1 SMAD-Befehl Nr. 160 gegen »Sabotage und
Diversionshandlungen«
3.4.4.2 SMAD-Befehl Nr. 201 zur Verfolgung von NS- und
Kriegsverbrechen
- 3.5 Ergebnisse
4 Vom Rechtsstaat zur Gesetzlichkeit (1948)
- 4.1 Die justizpolitische Umbruchsituation 1947/48
- 4.1.1 Politische Rahmenbedingungen
4.1.2 Justiz erstmals als Chefsache: Die
SED-Tagungen im Januar 1948
- 4.2 »Die Kader entscheiden alles!«
4.3 Gegen Unabhängigkeit und Überparteilichkeit
4.4 Vom Föderalismus zum Zentralismus
- 4.4.1 Machtwechsel in Berlin: Von Schiffer zu Fechner
4.4.2 Die Entmachtung der Länder
- 4.5 Justizpraxis 2. Teil: Stabilisierung der Herrschaft
- 4.5.1 Die Wirtschaftsstrafgesetzgebung
4.5.2 Verfahren mit politischem Hintergrund
- 4.6 Ergebnisse
5 Auf dem Weg in den Sozialismus (1949 bis 1952)
- 5.1 SED und DJV durchdringen den Landesjustizapparat
- 5.1.1 Die kontrollierte Rechtsprechung
5.1.2 Neue Funktionseliten gegen alte Juristen
- 5.1.2.1 Ungleichmäßige Säuberung im Justizapparat
5.1.2.2 Neue Führungskader mit alten Problemen
- 5.1.3 Die permanente Säuberung
5.1.4 Die SED und ihre Mitglieder im Rechtswesen
- 5.2 Der strukturelle Umbau des Rechtswesens
- 5.2.1 Die Verselbstständigung der Staatsanwaltschaft
5.2.2 Neuorientierung bei der Juristenausbildung?
5.2.3 Die Rechtsanwaltschaft
- 5.3 Justizpraxis, 3. Teil: Klassenkampf
- 5.3.1 Die Beteiligung des mecklenburgischen Justizapparats
an den Waldheimer Prozessen
5.3.2 Die Schauprozesse
- 5.4 Ergebnisse
6 Zusammenfassung
7 Abkürzungsverzeichnis
8 Literaturverzeichnis
- 8.1 Nichtgedruckte Quellen
8.2 Gedruckte Quellen
8.3 Literatur
[nach oben / to the top]
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