Aus dem Inhalt / from the book:
Kurzzusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Näheres zu den Beiträgen
Kurzzusammenfassung:
Das Papsttum der Neuzeit war keineswegs so
ausgeprägt monarchisch oder gar
»absolutistisch« wie es aus heutiger Perspektive
scheinen mag. Vielmehr stand es auf vielfältige Weise
in Interaktionen und Konflikten, die auf den Ebenen von
Recht, theologischer Diskurse, Verfahrenspraxis und
symbolischer Handlungen manifest werden.
Das Anliegen dieses Bandes ist es, die allmähliche
Durchsetzung des monarchischen Papats in der Neuzeit auf all
diesen Ebenen nachzuzeichnen und auch die historischen
Alternativen einer Kirchenleitung durch kollegiale Gremien
zu diskutieren. So werden neben grundlegenden theoretischen
Konzepten die Konzilien der Neuzeit in ihren Beziehungen zum
Papsttum, das Kardinalskollegium als »Senat des
Papstes« oder Verwaltungsbeamtentum und
schließlich die symbolische Inszenierung der
päpstlichen Monarchie im Zeremoniell beleuchtet.
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Inhaltsverzeichnis:
Bernward Schmidt/Hubert Wolf:
Einleitung
I. KONZEPTE KIRCHLICHER LEITUNG UND
REPRÄSENTATION
Hubert Wolf:
Universalem ecclesiam repraesentans? Zeremoniell und
Verfahren monarchischer und kollegialer Ekklesiologien
Günther
Wassilowsky:
Symbolereignis Konzil. Zum Verhältnis von symbolischer
und diskursiver Konstituierung kirchlicher Ordnung
Ulrich Horst:
Konziliarismus und Papalismus im Widerstreit von Juan de
Torquemada bis Francisco de Vitoria
II. KONZILIARE PRAXIS ZWISCHEN PAPALISMUS UND
KOLLEGIALITÄT
Thomas Prügl:
Geschäftsordnung und Theologie. Synodale
Verfahrensweise als Ausdruck ekklesiologischer
Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449)
Nelson H.
Minnich:
Das Fünfte Laterankonzil als geistliches Spiel zur
Demonstration päpstlicher Macht
Bernward Schmidt:
Repräsentanten des Papstes – Repräsentation
der Gesamtkirche. Die Trienter Konzilslegaten als
Moderatoren einer »Ekklesiologie in Actu«
Maria Teresa
Fattori:
Monarchischer Papat und die Debatte über die
Kirchenleitung im 18. Jahrhundert. Liturgie und
Ekklesiologie im römischen Provinzialkonzil von
1725
Klaus Schatz:
Verfahrensformen und Symbolpraxis des I. Vaticanums
Massimo
Faggioli:
Verfahrensformen und Legitimierungsquellen während des
Zweiten Vatikanischen Konzils
III. PRIMUS SUPRA PARES? SENAT DER KIRCHE UND
PAPSTPRIMAT
Elisabeth Stein:
Lebensstil und Führungskultur – Paolo Corteses
Traktat »De cardinalatu« zwischen
Fürstenspiegel und (humanistischer)
Enzyklopädie
Carol M.
Richardson:
Der Hut des Kardinals
Gabriel-David
Krebes:
Capita reformationis cardinalium. Ein Reformentwurf
für das Kardinalskollegium und das Konsistorium im
Vorfeld der Kurienreform unter Papst Sixtus V
Christoph Weber:
Gute und schlechte Kardinäle. Die öffentliche
Wahrnehmung unterschiedlicher Lebensformen einer sichtbaren
Machtelite (17.–18. Jh.)
IV. AFFIRMATION PÄPSTLICHER SUPREMATIE IM MEDIUM DES
ZEREMONIELLS
Jörg
Bölling:
Das Papstzeremoniell der Hochrenaissance. Normierungen
– Modifikationen – Revisionen
Marco
Cavarzere:
Rituale und Zeremonien zu Beginn der Reformation –
zwischen Kritik und Innovation
Julia Zunckel:
»Erit ergo de hac re in congregatione
discutiendum«. Die Bedeutung des Zeremonialwesens im
Rahmen kurialer Reformprozesse
Abkürzungsverzeichnis
Summaries
Autorenverzeichnis
Register
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Näheres zu den Beiträgen:
Hubert Wolf:
Universalem ecclesiam repraesentans? Zeremoniell und
Verfahren monarchischer und kollegialer Ekklesiologien
Zusammenfassung
In der katholischen Ekklesiologie streiten zwei einander
grundsätzlich widersprechende Wertsysteme um die
Vorherrschaft: das Konzept der monarchischen Kirchenleitung
mit dem Papst an der Spitze und das Modell der kollegialen
Krchenleitung durch das ökumenische Konzil. Dieser
Streit gipfelt in den Auseinandersetzungen zwischen dem
Konstanzer Konzil und seinem Dekret »Haec santa«
sowie dem Ersten Vatikanum und seiner Konstitution
»Pastor aeternus«. Diese alternativen
Ekklesiologien haben alternative Verfahren und alternative
Symboluniversen beziehungsweise zeremonielle Ausdrucksformen
zur Folge. Der Beitrag rekonstruiert zunächst beide
Kirchenmodelle und den wissenschaftlichen Diskurs über
sie und zeigt, dass der Terminus »repraesentatio«
geeignet ist, als Schlüssel zum Verständnis sowohl
beider ekklesiologischen Wertesysteme als auch ihrer
zeremoniellen und verfahrenstechnischen Umsetzung zu dienen.
Am Schluss steht ein Plädoyer für einen
Perspektivenwechsel: Anstelle des inzwischen gut erforschten
Papstzeremoniells sollte nun das alternative Wertesystem der
kollektiven Kirchenleitung (Konzil, Konsistorium,
Kardinalskollegium) und seine Symbolik und Verfahren im
Mittelpunkt stehen.
Abstract
The Council of Constance and the First Vatican Council
epitomize mutually exclusive concepts of ecclesiology
– a collegial one to which even the pope is
subordinate and a monarchical one which has subject every
collegial movement. In order to contextualize these concepts
it is necessary to examine a theological term which is
fundamental to the position of the pope as well as to the
constitution of a council: representation. It includes both
theological concepts and their symbolical expression. By
defining what precisely »representation« meant in
a certain context we should be able to understand more
profoundly the ecclesiological content of (e.g.) a council
without relying only on its final decrees.
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Günther Wassilowsky:
Symbolereignis Konzil. Zum Verhältnis von symbolischer
und diskursiver Konstituierung kirchlicher Ordnung
Abstract
Rambling through the conciliar history from Trent to
Vatican II the paper lights up the relation between the
symbolical constitution of ecclesiastical hierarchy which
takes place in the event of a conciliar assembly and its
discursive constitution as to be found in the final text of
a conciliar decree.
It pleads to use the term
»event« introduced by Giuseppe Alberigo not only
on Vatican II but on other councils in order to develop
the term by means of the apparatus of cultural history. The
conciliar historians' eyes should be caught by an aspect
which should be taken into consideration at any time for
genuin ecclesiological and theological reasons: the
symbolical and performative dimension of conciliar
events.
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Ulrich Horst:
Konziliarismus und Papalismus im Widerstreit von Juan de
Torquemada bis Francisco de Vitoria
Zusammenfassung
Konstanz und Basel haben Bewegungen und Ideen
ausgelöst, die innerkirchlich erst 1870 zu einem
vorläufigen Abschluss kamen. Dazwischen liegen
intensive Diskussionen um das Verhältnis von
Kirche-Papst-Konzil, um den Vorrang in der Rechts- und
Lehrgewalt, die mit den Schlagworten
»Papalismus/Konziliarismus« nur mangelhaft zu
charakterisieren sind. Sie verdecken Mischformen und
wichtige Differenzierungen, die auf dem vielfältigen
Erbe der Vergangenheit beruhen, das insbesondere durch die
kanonistische Literatur geprägt wurde.
Der Antagonismus zwischen den zwei ekklesiologischen
Konzeptionen bietet somit ein vielfältiges Bild lang
andauernder Konflikte.
Abstract
Constance and Basel have precipitated movements and ideas
that came to a provisional inner-ecclesiastical end only by
1870. In between, intensive discussions took place about the
relation between church, pope, and council, and about the
primacy of authority in jurisdiction and teaching –
discussions which are only insufficiently described by the
terms »papalism/""conciliarism.« They disguise the
mixed forms and important distinctions rooted in their
diverse historical heritage shaped by, in particular,
canonical literature.
The paper thus argues that the antagonism between the two
ecclesiological concepts offers a diverse picture of
long-running conflicts.
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Thomas Prügl:
Geschäftsordnung und Theologie. Synodale
Verfahrensweise als Ausdruck ekklesiologischer
Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449)
Abstract
Councils and conciliar life have been shaped by manifold
symbolic and representative actions. As a body of
representatives, councils claimed to represent the universal
church in a variety of aspects: theological, liturgical,
juridic, political for instance. For the Council of Basel,
the idea of representation of the entire universal Church by
the general council formed a core conviction of its
theological self-understanding, its reform measures and
diplomatic activities. This article examines a few aspects
of the dense semantic of conciliar representation. It first
looks at the meaning of the formula concilium generale
universalem ecclesiam repraesentans, which focused on
the belief of the Basel fathers to act not only on behalf of
the universal Church but also as this very Church herself.
The following parts zoom in on the conciliar liturgy and its
biased interpretation by Piero da Monte, on the famous rules
of procedures of the Council of Basel, which substituted an
organization according to nations by a system of
deputationes, and finally on the interpretation of this
choice by John of Segovia and John of Ragusa, who hailed its
egalitarian and emancipatory effects.
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Nelson H. Minnich:
Das Fünfte Laterankonzils als geistliches Spiel zur
Demonstration päpstlicher Macht
Zusammenfassung
An einem Tiefpunkt in der Geschichte des Papsttums
beschloß Julius II., das fünfte
Laterankonzil als einen Weg, seine politischen Gegner und
das von ihnen einberufene Konzil in Pisa zu bezwingen. Der
Papst sorgte dafür, dass alles sorgfältig
»choreographiert« wurde, um ein Bild höchster
päpstlicher Macht im geistlichen und weltlichen Bereich
zu erzeugen. Er ließ das Konzil in der Lateranbasilika
zusammentreten, der »Mutter aller Kirchen«, wo
sich zuvor wenigstens vier Konzilien versammelt hatten. Er
befürwortete seine Feier in einem Raum, der so
konstruiert war, dass seine herausragende Stellung betont
wurde. Sein auf einem dreistufigen Podium errichteter Thron,
höher als der des Kaisers, beherrschte den Raum, wobei
alle anderen Sitze so angeordnet waren, dass er von allen
gesehen werden konnte. Er trug entweder die Tiara oder eine
besondere Mitra. Zum Konzil wurde er getragen, begleitet von
Prälaten und Adligen in einer Prozession und mit einer
Leibgarde. Er nahm ohne Abstimmung das Amt des
Konzilspräsidenten wahr und benannte die
officiales und oratores des Konzils. Von allen
Prälaten wurde Gehorsam verlangt. Seine Erlaubnis war
notwendige Voraussetzung dafür, dass jemand das Wort
ergreifen durfte. Er gab sein Votum als erster ab. Die
Konzilsdokumente wurden als päpstliche Bullen
ausgefertigt, denen das Konzil seine Zustimmung gab.
Julius II. und sein Nachfolger Leo X.
verzeichneten ihre Siege über die reumütigen
Pisaner Kardinäle und frühere politische Gegner,
indem sie sie öffentlich ihre Irrtümer bekennen
und die Legitimität des päpstlichen Konzils
anerkennen ließen. Größere
Unterstützung für das Laterankonzil wurde durch
die Ausstellung von Mandaten der Herrscher in der
Christenheit und ihre Verlesung durch Prälaten in der
Versammlung demonstriert. Um die Errungenschaften des
Konzils bekannt zu machen, wurden seine Bullen einzeln
publiziert, jeweils mit dem päpstlichen Wappen
geschmückt. Später wuden sie auch in einer
Sammlung von Konzilsakten publiziert, denen ein Holzschnitt
vorangestellt wurde: Er zeigt den Papst als
Konzilspräsidenten zusammen mit dem Heiligen Geist in
Gestalt einer Taube, der den Papst erleuchtet.
Abstract
At a low point in papal fortunes, Julius II decided
to call the Lateran Council as a way to defeat his political
opponents and the council of Pisa they had convoked against
him. The pope saw to it that everything was carefully
choreographed to project an image of supreme papal power,
both spiritual and temporal. He had the council meet in the
Lateran Basilica, »the mother of all churches,«
where at least four previous councils had met. He approved
its celebration in a chamber constructed in such a way as to
emphasize his pre-eminent position. His throne dominated the
rear of the chamber, raised on dais of three levels (higher
than the throne for the emperor), with all other seats
arranged so that he could be seen by all. He wore either the
tiara or a special mitre. He was carried to the council
accompanied by processing prelates and nobles, and with a
personal bodyguard. He assumed the office of council
president without a vote, and named the conciliar officials
and orators. All the prelates were required to pay
obeisance. His permission was necessary for anyone to speak.
He voted first. The conciliar documents were issued as papal
bulls with the council approving. Julius II and his
successor Leo X registered their victories over the
penitent Pisan cardinals and former political opponents by
having them publicly confess their errors and acknowledge
the legitimacy of the papal council. Wide support for the
Lateran Council was demonstrated by having the mandates from
the rulers of Christendom and their prelates read to the
assembly. To advertise the achievements of the council, its
bulls were published individually, adorned with the papal
coat of arms. They were also published later in a collection
of conciliar acta prefaced with a woodcut of the pope
presiding over the assembly with the Holy Spirit in the form
of a dove illuminating the pope.
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Bernward Schmidt:
Repräsentanten des Papstes –
Repräsentation der Gesamtkirche. Die Trienter
Konzilslegaten als Moderatoren einer »Ekklesiologie in
Actu«
Zusammenfassung
Obwohl sich das Trienter Konzil nicht systematisch zur
Ekklesiologie geäußert hat, lassen sich auf
verschiedenen Ebenen ekklesiologische Aussagen eruieren, die
zumeist die Position von Papst oder Konzil im Gesamt der
Kirchenstruktur betreffen. Hier ist zum einen an
ekklesiologische Implikationen von Dekreten zu denken, aber
auch an die Diskussion bestimmter Formeln (»universalem
ecclesiam repraesentans«; »proponentibus
legatis«); ekklesiologische Aussagen wurden aber nicht
zuletzt auch durch Formen von Zeremoniell oder Verfahren
getroffen.
Explizit geäußerte oder Texten und Handlungen
inhärente Ekklesiologie war auf dem Tridentinum dabei
stets Gegenstand intensiver Diskussions- und
Aushandlungsprozesse, in deren Zentrum beinahe immer die
Konzilspräsidenten standen. Ihre Aufgabe war es, die
Debatten so zu kanalisieren, so dass die Freiheit der
Meinungsäußerung und die Interessen des von ihnen
repräsentierten Papstes in ein Gleichgewicht kamen und
die Konzilsarbeit effektiv durchgeführt werden konnte.
Aufgabe dieses Beitrags wird es sein, nach den
unterschiedlichen Stilen der Amtsführung und
Amtsverständnissen zu fragen, welche die Legaten an den
Tag legten; dies impliziert Aussagen über das jeweilige
Kirchenverständnis der Legaten. Dabei ist stets die im
Amt des Legaten als Konzilspräsidenten angelegte
Spannung zwischen der ihm übertragenen
Repräsentanz der Papstes und seiner Funktion als
Diskussionsleiter zu spüren. Erfolgreich konnten die
päpstlichen Legaten nur dann sein, wenn sie sich als
Moderatoren in der Debatte verstanden und den Ausgleich der
Interessen suchten. So zeigt sich auch auf dem Tridentinum
die Ablösung eines Verständnisses des Legaten als
Repräsentanten des Papstes in identifikatorischem Sinn
durch ein Modell des »Konzilsdiplomaten«. Somit
stellt sich schließlich die Frage, ob und inwiefern
das Trienter Konzil auch durch die Praxis des Legatenwesens
ein Beitrag zur Festigung des monarchischen Papats war.
Abstract
Even though the Council of Trent did not issue a
systematic proclamation on ecclesiology, ecclesiological
statements can be found on various levels, usually relating
to the position of the pope or the council within the
overall ecclesiastical structure. This refers not only to
ecclesiological implications of decrees but also to the
discussion of certain formulas (»universalem ecclesiam
repraesentans«; »proponentibus legatis«).
Moreover, ecclesiological statements were also made in
ceremonial or procedural structures.
Ecclesiology that was explicitly expressed or that was
inherent to texts or rituals was invariably the topic of
intense conciliar discussions and negotiations, which almost
always involved the council's presidents. It was their duty
to direct the debates in such a way that freedom of
expression and papal interests, which they represented, were
balanced and that the council's work could be carried out
efficiently.
This contribution will ask about the legates' different
styles of leadership and conceptions of their duties. On
this basis, the legates' respective understanding of the
church can be assessed. The legate's position as council
president was always characterized by the tension between
his assigned representation of the pope and his function as
chair of the discussion. The papal legates could only be
successful if they understood themselves as moderators of
the debates and if they tried to balance the various
interests. Thus, also the Council of Trent evidences a
replacement of the legates' understanding as representatives
of the pope in an identificational sense by a model of being
»council diplomats.« Therefore, it finally needs
to asked whether and in what way the Council of Trent
contributed to the consolidation of monarchical papacy also
in the practice of the legates' duties.
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Maria Teresa Fattori:
Monarchischer Papat und die Debatte über die
Kirchenleitung im 18. Jahrhundert. Liturgie und
Ekklesiologie im römischen Provinzialkonzil von
1725
Zusammenfassung
Liturgie und Zeremoniell des von Benedikt XIII.
Orsini in seinem ersten Pontifikatsjahr einberufenen
römischen Provinzialkonzils stellen Ekklesiologie und
kirchliche Macht einander gegenüber.
Der Papst schlug die Übernahme ritueller und
symbolischer Gesten vor, die das bischöfliche Amt nicht
nur der einberufenen Bischöfe, sondern auch des
Bischofs von Rom und des Metropoliten einer Kirchenprovinz
betonen sollte, der einer Versammlung von frates
vorsaß.
Auf der anderen Seite trafen diese Gesten auf Opposition
oder Kritik im Kardinalskollegium, das in völliger
Identifikation mit dem Apostolischen Stuhl seine eigenen
Vorrechte zu verteidigen beabsichtigte. Auf diese Weise
bietet sich das Konzil, verstanden als ein Gesamt von
Absichten, Plänen, Debatten und endgültigen
Beschlüssen, für eine Untersuchung der Liturgie
an. Deren Interpretation kann nicht von der Polemik oder den
jurisdiktionalistischen und politischen Konflikten getrennt
werden, die vor, während und nach dem Konzil auftraten.
In der Tat trug das Zeremoniell zur Aussagekraft des Konzils
bei, indem es sowohl Widersprüche als auch Alternativen
aufzeigte. Das Sacrum Collegium und die Römische
Kurie nahmen starken Einfluss auf seine Ergebnisse, indem
sie sich gegen die Vorschläge des Orsini-Papstes
stellten und sie durch Normalisierung neu interpretierten.
Jeder Protagonist (Benedikt XIII., die Mehrhit des
Kardinalskollegiums und die einberufenen, aber passiven
Bischöfe) brachte deutliche Umformungen von
Repräsentation, Verfahren und Konzeption von
Kirchenleitung ein.
Die Fähigkeit des Papstes, symbolische und originale
Repräsentationen in ein Substrat ritueller Handlungen
und überkommener Vorstellungen einzufügen, sollte
nichtsdestotrotz anerkannt werden.
Abstract
The liturgy and ceremony of the 1725 Council for the
Province of Rome, called by Benedict XIII Orsini in his
first year of pontificate, is a case of opposing
ecclesiology and Church power's representation.
The Pope proposed the adoption of ritual and symbolic
gestures emphasising the Episcopal munus not only of
the bishops called to attend but also of the Bishop of Rome,
the Metropolitan of an ecclesiastical region, presiding over
an assembly of fratres.
On the other hand, these gestures were opposed or
criticised by the College of Cardinals, committed to the
defence of their own prerogatives, in total identification
with the Apostolic See. In this way the Council, understood
as a collection of intentions, plans, debates and final
decisions, also opens up to include the liturgy. Liturgical
interpretation cannot be separated from the polemics or
jurisdictional and political conflicts occurring before,
during and after the Council. Indeed, the issue of ritual
contributed to the significance of the Council, highlighting
both the contradictions and alternatives. The Sacred College
and the Roman Curia strongly influenced its final results,
opposing Pope Orsini's proposals and re-interpreting them
through their normalisation. Each protagonist (Pope Orsini,
the maior pars of the Sacred College and the passive
Bishops called to the Council) introduced deep
transformation into the representation, the procedure and
the conception of the Church government.
The Pope's skill in inserting symbol and original
representations into a sub-stratum of ritual gestures and
traditional ideas should nonetheless be recognised.
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Klaus Schatz:
Verfahrensformen und Symbolpraxis des I. Vaticanums
Zusammenfassung
Konziliares Grundmotiv bei Pius IX.: Kraft und Mut
gegen eine feindliche Welt strömt den Bischöfen
durch die Verbundenheit mit Petrus (und seinem Nachfolger)
zu.
Daher wegen Symbolcharakter und Fluidum, von denen auch
Auswirkung auf die Verhandlungen erwartet, unbedingtes
Festhalten an Petersbasilika (rechtes Querschiff) nicht nur
für die feierlichenx Sessionen, sondern auch als Ort
der Generalkongregationen, trotz der praktischen Nachteile
(schlechte Akustik, nur teilweise nachträglich durch
Umbauten behoben).
Grund jedesmal: Furcht vor unliebsamen Kontroversen und
Parteiungen zu Beginn sowie Vorstellung, was vom Papst
komme, genieße höhere Autorität und mehr
Vertrauen. Freilich sollten gerade diese beiden Bestimmungen
zu Beginn des Konzils zur Vertiefung der Spaltung unter den
Konzilsvätern beitragen.
Praktische Probleme der konziliaren Entscheidungsfindung
in einer Versammlung von ca. 700 noch neu und z.T. erst im
Verlauf durch Erfahrungen erprobt:
Abstract
Conciliar basic motif with Pius IX: Strength and
courage against a hostile world flows to the bishops by the
relationship with St. Peter (and his successor to).
Therefore, because of symbolic and fluid, which also
expected to affect the negotiations, unconditional adherence
to Peter's Basilica (right transept), not only for the
formal sessions, but also as a place of general
congregations, despite the practical disadvantages (bad
acoustics, partly and belatedly repaired by
modifications).
Fear of unwelcome controversy and faction at the start
and idea what came from the Pope, enjoyed greater authority
and more confidence. A a matter of fact, just those two
provisions at the beginning of the council contributed to
deepening the split among the council fathers.
New practical problems of the Council's decision-making
at a meeting of about 700; some forms tested only in the
course of experience.
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Massimo Faggioli:
Verfahrensformen und Legitimierungsquellen
während des Zweiten Vatikanischen Konzils
Zusammenfassung
Ziel des Beitrags ist die Analyse der symbolischen
Bedeutungen einiger das Konzilsprogramm prägender und
entscheidender Momente des Zweiten Vatikanischen Konzils.
1) Die Konzilseinberufung durch Johannes XXIII. und
die Ankündigung an die Kardinäle zeigten zugleich
den persönlichen Charakter der Entscheidung Johannes'
XXIII. und die mit den Kardinälen geteilte
Verantwortung für das neue Konzil.
2) Die Aufstellung des Konzilsprogramms durch die
vota und die Rolle der neuen zentralen
Vorbereitungskommission in der Vorbereitungsphase
drückten die Absicht des Papstes aus, für die
Bischöfe eine offene und von unmittelbarer kurialer
Kontrolle freie Debatte zu schaffen, und eine Kommission von
Bischöfen verschiedener Prägung zu haben, die die
Vorschläge zusammenfassen sollte.
3) Die Diskussionsformen während der Jahre 1962 bis
1965 (in der Aula, in Kommissionen, in von den
Bischofskonferenzen organisierten theologischen Debatten und
anderen verschiedenen »Treffen« in Rom zur Zeit
des II. Vaticanums) zeigen die Komplexität des
Konzils als eine Institution, die das alte
»Gemisch« von Bischöfen und Theologen
erneuerte.
4) Die delikate Beziehung zwischen formaler Entscheidung
(in Kommissionen und gemischten Kommissionen, Abstimmung
in aula) und informeller Einflussnahme auf die
Entscheidungsträger (päpstliche Interventionen,
die »Nota Explicativa Praevia«, die
Konzilsminorität) beleuchtet die Beziehung zwischen
Symbolik und Transparenz des Entscheidungsprozesses auf dem
Konzil.
5) Die Schaffung der post-konziliaren Institutionen zur
Leitung der Katholischen Kirche (Bischofssynoden,
Diözesansynoden) zeigt das Vertrauen der
Konzilsmehrheit in das Funktionieren dieser neuen
Institutionen für die Leitung einer weniger vertikalen
Kirche, zeigt aber zugleich auch das fehlende Interesse der
Konzilsväter an sorgfältigeren Überlegungen
der juridisch-politischen Seite dieser neuen Institutionen.
Aus der Analyse ist offensichtlich, dass auf dem Zweiten
Vatikanischen Konzil ein neues Selbstbewusstsein der
Katholischen Kirche im Sinne einer neuen, kollegialeren und
»geteilteren« Leitung aufkam, aber auch die
Widerstandsfähigkeit anderer, traditionellerer
Elemente. Insbesondere sticht der auf dem Konzil noch sehr
klare Unterschied zwischen dem »kollegialen«
(bischöflichen) und »synodalen« Element und
der komplexen Mischung von traditioneller Symbolik und
Elementen einer »modern-bürokratischen«
Kultur des 20. Jahrhunderts hervor.
Abstract
The paper's goal is the analysis of the symbolic meaning
of some major agenda-shaping and decision-making moments at
the Second Vatican Council.
1) The call of the council by John XXIII and the
announcement to the cardinals showed at the same time the
personal character of John XXIII's decision and the
shared responsibility of the cardinals in the task of the
new council.
2) The formation of the agenda of the council through the
vota and the role of the Central Preparatory
Commission in the antepreparatory phase expressed the
intention of the pope to open the debate to the bishops,
free from direct Roman Curia control, and to have a
commission of bishops with different institutional
background in charge of summarizing the proposals.
3) The forms of the debate during 1962 and 1965 (in aula,
in commissions, the theological debates organized by the
Bishops' Conferences, and the other various
»meetings« in Rome at the time of the Second
Vatican Council) show the complexity of the council as an
institution renewing the ancient mix between bishops and
theologians.
4) The delicate relationship between »formal
decision making« (commissions and mixed commissions,
vote in aula) and »informal« pressure on
the decision makers (the papal interventions, the »Nota
Explicativa Praevia«, the conciliar minority)
highlights the issue of the relationship between symbolism
and transparence of the decision making process at the
council.
5) The creation of the post-conciliar institutions for
the governance of the Catholic Church (the Bishops' Synod,
diocesan synods) shows the conciliar majority's confidence
in the functioning of these new institutions for the
governance of a less vertical Church but, at the same time,
it shows also the council fathers' lack of interest in a
more careful consideration of the juridical-political sides
of these new institutions.
From the analysis is evident that at the Second Vatican
Council emerged a new self-awareness of the Catholic Church
in terms of a new, more collegial and shared governance, but
also the resilience of different, more traditional elements.
In particular it stands out the difference, still very clear
at the council, between »collegial« (episcopal)
element and »synodal« element, and the complex mix
between traditional symbolism and elements taken from a
20th century, »modern bureaucratic«
culture.
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Elisabeth Stein:
Lebensstil und Führungskultur –
Paolo Corteses Traktat »De cardinalatu« zwischen
Fürstenspiegel und (humanistischer) Enzyklopädie
Zusammenfassung
Mit der 1510 posthum gedruckten, umfangreichen Abhandlung
»De cardinalatu« rundete der humanistisch
gebildete, päpstliche Sekretär Paolo Cortese
(1465–1510) sein literarisches Lebenswerk ab. Der
gelehrte Ansprechpartner ranghoher geistlicher und
weltlicher Würdenträger pflegte in seinem Haus in
Rom einen informellen Gesprächskreis, der sich
insbesondere Fragen antiker Literatur widmete. Bereits in
jungen Jahren hatte Cortese ein aufsehenerregendes,
entschiedenes Bekenntnis zu Cicero als dem für ihn
alleingültigen Stilvorbild abgelegt und damit in
humanistischen Kreisen eine langanhaltende Kontroverse
ausgelöst.
In all seinen Texten, und somit auch in »De
cardinalatu«, spielte also die sprachlich-stilistische
Darbietung eine entscheidende Rolle. Das ist insofern von
Bedeutung, als sich Cortese in diesem ambitionierten
Projekt, das (fast) alle Lebensbereiche der kurialen Elite
abzubilden sucht, einer ungewöhnlichen,
archaisierenden, höchst komplexen Sprache bediente, die
bereits die zeitgenössischen Leser vor große
Problem stellte.
Vor diesem Hintergrund sollen Inhalt, Aufbau und Struktur
des thematisch weitgespannten Traktats umrißhaft
nachgezeichnet und in den Kontext zeitgenössischer
Debatten eingebettet werden. Im Mittelpunkt der
Ausführungen wird die Frage nach humanistisch
geprägten Leitbildern kurialer Führungskultur zu
Beginn des Cinquecento stehen.
Abstract
With the comprehensive tract »De cardinalatu«,
posthumously printed in 1510, the humanistically educated
papal secretary Paolo Cortese (1465–1510) completed
his literary lifework. An erudite associate of high-ranking
ecclesiastical and secular dignitaries, he maintained an
informal circle at his house which was particular concerned
with discussions of classical philology. Even in his youth,
Cortese had shown an impressive and definite commitment to
Cicero as the only acceptable stylistic model for himself,
and by this had caused a protracted controversy in humanist
circles.
In all his texts, and therefore also in »De
cardinalatu«, the linguistic-stylistic presentation
thus played a crucial role. This is important insofar as
Cortese, in this ambitious project that tried to depict
(almost) all aspects of the curial elite's life, used an
unusual, archaicized, and highly complex language that
proved to be difficult even for contemporary readers.
Against this background, the content, composition, and
structure of this thematically broad treatise are to be
roughly outlined and set within the context of contemporary
discussions. At the center of my analysis will be the issue
of humanistically influenced models of curial leadership
culture at the beginning of the Cinquecento.
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Carol M. Richardson:
Der Hut des Kardinals
Zusammenfassung
Der rote Hut scheint das Kleidungsstück des
Kardinals schlechthin zu sein. Der Beitrag zeigt auf, wie
der große rote galero nicht nur zum Symbol
für einen ganzen Stand in der Kirche wurde, sondern
diesen Stand auch symbolisch an das Papsttum band. Besonders
bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die rote Farbe von
Hut und Mantel, ursprünglich die Farbe des Papsttums
mit besonderer ekklesiologischer Bedeutung.
Abstract
It seems to be the epitome of a cardinal's clothing: the
red hat. The paper shows how the bigger galero not
only became significant for a whole ecclesiastical order but
also bound that order symbolically to the papacy. Especially
significant is the hat's and cloak's red colour being
originally a papal colour which was of particular
ecclesiological importance.
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Gabriel-David Krebes:
Capita reformationis cardinalium. Ein Reformentwurf
für das Kardinalskollegium und das Konsistorium im
Vorfeld der Kurienreform unter Papst Sixtus V.
Zusammenfassung
Die capita reformationis cardinalium sind in zwei
identischen Konvoluten in der von Federico Borromeo
gegründeten Ambrosiana (Mailand) erhalten und wurden
nach der Bulle zur Konklavereform »In eligendis«
(1562) und noch vor der Sixtinischen Kurienreform
(1585–1590) von einer Einzelperson verfasst. Neben dem
32-Artikel umfassenden Reformentwurf sind Traktate des
Franzosen Bernard de Rosier (+1475), von Franciscus Novellus
aus dem Pontifikat Pauls III. (1534–1549) und von
Onophrius Panvinius aus den Jahren 1555–1557 in den
Konvoluten enthalten.
Der Reformentwurf zielt sowohl auf eine Spiritualisierung
des posttridentinischen Kardinalkollegiums als auch auf eine
von klientelären Interessen unabhängige
Mitbestimmung und stärkere Einbindung in die
Entscheidungsprozesse innerhalb des Konsistoriums. Dabei
weist er u.a. eine deutliche Nähe zu den Diskursen der
Vertreter des Vallicella-Kreises um Filippo Neri, wie
z.B. Gabriele Paleotti und Roberto Bellarmino, auf. Einige
Vorschläge, wie z.B. die Auswahlkriterien für
Kardinäle, fanden Eingang in die Erlasse der
Kurienreform von Sixtus V.
Die Einführung eines schriftlichen und am
Mehrheitskonsens der Kardinäle orientierten
Abstimmungsmodus vor einer Kardinalskreation, wie seit dem
Konzil von Konstanz in den Wahlkapitulationen gefordert,
wurde jedoch nicht durchgesetzt. Die Artikel sind jedoch ein
Anhaltspunkt für das zeitgenössische
verfahrenstechnische Problembewusstsein und zumindest ein
Baustein für den allmählichen Wandel in der
politischen und medialen Kommunikationskultur, der sich von
der Mündlichkeit innerhalb einer zeremoniell
aufgeladenen Präsenzkultur hin zu einer zunehmend von
Schriftlichkeit geprägten bürokratisierten Kultur
vollzog. Sie sind somit ein bislang unbeachteter Beitrag zur
Diskussion um die Stellung des Kardinalkollegiums in der
Reformperiode nach dem Konzil von Trient.
Abstract
The capita reformationis cardinalium are included
in two identical omnibus volumes in the Ambrosiana (Milan)
founded by Federico Borromeo and were written by a single
person after the papal bull »In eligendis« (1562)
that was to reform the conclave and before the Curia reform
by Pope Sixtus V. (1585–1590). The reform draft
aims both at a spiritualisation of the post-tridentine
college of cardinals and at a co-determination independent
from clientary interests as well as at a stronger
involvement in the decision making process within the
consistory. The draft is close to the discourses by the
representatives of the Vallicella circle around
Filippo Neri, e.g. Gabriele Paleotti and Roberto Bellarmino.
Some proposals, like the selection criteria for cardinals,
found entrance into the decrees of the Sistine Reform. But
the introduction of a written voting procedure geared to the
majority in the Sacred College before a creation of a
cardinal, as required in the electoral capitulations since
the Council of Constance, was not accomplished. Some
articles of the draft, however, are an indication for the
contemporary awareness of the problem for the decision
making procedure and at least a component for the gradual
change of the political and medial culture of communication
from the oral and performative acts to a written and more
bureaucratic procedure. Therefore the reform draft has been
so far an unknown contribution to the discussion of the
status of the college of cardinals after the Council of
Trent and before the Sistine Reform.
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Christoph Weber:
Gute und schlechte Kardinäle. Die öffentliche
Wahrnehmung unterschiedlicher Lebensformen öffentliche
Wahrnehmung unterschiedlicher Lebensformen einer sichtbaren
Machtelite (17.–18. Jh.)
Zusammenfassung
Im Gegensatz zu diplomatischen, offiziellen und
journalistischen Quellen fokussierte die
italienisch-kirchliche Öffentlichkeit ihr Interesse an
den Kardinälen auf einige fundamentale Qualitäten:
sie sollten keusch, arbeitsam, selbstlos, vor allem aber
mildtätig sein. Anhand zweier geeigneter Quellen, den
Kardinalsviten des Kanonikers G. Palazzi (ca. 1700) und des
Großkaufmannes B.A. Talenti (ca. 1770) werden
ausgewählte Gruppen und Individuen innerhalb des
Hl. Kollegs daraufhin befragt, wie sie sich vor dem
Gerichtshof der städtischen Meinung in Rom am Ende
ihres Lebens darstellten. Vom verantwortungslosen
Verschwender über den korrekten Verwaltungschef und
asketischen Gelehrten reicht die Palette schließlich
bis zum großzügigen und weitsichtigen Stifter.
Die Schattierungen sind vielfältig und ergeben sich aus
den individuellen Schwerpunktsetzungen einer
einkommensstarken Machtelite. Die Darbietung und Wahrnehmung
der gewählten Lebensform vollzog sich nicht selten in
quasizeremoniellen Auftritten, von den oft vergossenen
Tränen der Rührung bis zur öffentlichen
Trauer der römischen Bettler beim Begräbnis eines
markanten Wohltäters.
Abstract
In contrast to diplomatic, official, and journalistic
sources, the Italian-ecclesiastical public limited their
interest in the cardinals to some fundamental qualities:
they were supposed to be celibate, hard-working, selfless,
and, most of all, benevolent. On the basis of two suitable
sources, the cardinals' biographies of the canon G. Palazzi
(from ca. 1700) and of the merchant B.A. Talenti (from ca.
1770), selected groups and individuals within the college of
cardinals will be examined as to their standing in Roman
public opinion at the end of their lives. Here, the spectrum
ranged from the irresponsible libertine, to the accurate
chief administrator and ascetic scholar up to the generous
and farsighted benefactor. A large variety of nuances is
evident resulting from the individual preferences of an
affluent power elite. Often, the presentation and perception
of a deliberately chosen way of life was performed in
quasi-ceremonial public appearances, ranging from
frequently-shed sentimental tears to the public mourning of
Roman beggars at the funeral of a prominent benefactor.
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Jörg Bölling:
Das Papstzeremoniell der Hochrenaissance. Normierungen
– Modifikationen – Revisionen
Zusammenfassung
Das Papstzeremoniell der Hochrenaissance vereinigte
kirchliche Liturgie, höfische Etikette und
diplomatisches Protokoll. Durch die Verbindung von
religiösen, repräsentativen,
künstlerisch-ästhetischen und pädagogischen
Form- und Funktionselementen war es Ausdruck und Garant des
geistlich-weltlichen Doppelcharakters der Papstmonarchie.
Dieser Beitrag widmet sich den Prinzipien, Aspekten,
Trägern und Instrumenten zeremonieller Entwicklungen in
Schrift und Performanz, die in den Pontifikaten von
Julius II. bis Leo X. (1506–1521) erfolgte
– in Fortschreibung und kritischer Auseinandersetzung
mit einer um 1484 einsetzenden ersten Phase der
päpstlichen Zeremonialreform. Es ergibt sich der
überraschende Befund, dass bereits vor dem Konzil von
Trient sämtliche Zeremonien normiert, mitunter auch
modifiziert, schließlich mehrfach revidiert wurden.
Das Papstzeremoniell der Hochrenaissance erhielt dabei eine
eigene, speziell für die Pontifikate Julius' II.
und Leos X., in Teilen auch Clemens' VII.,
charakteristische, auf die Performanz des Augenblicks hin
ausgerichtete Gestalt. Nach dem Konzil von Trient wurde
jedoch das gesamte schriftlich überlieferte Corpus der
Zeremoniare Agostino Patrizi, Johannes Burckard und Paris
des Grassis aus den Jahren 1484 bis 1521 erneut einer
kritischen Revision unterzogen. In redigierter Fassung
bildete es dann die maßgebliche Quelle für die
jeweils spezifischen neuzeitlichen Adaptionen
mittelalterlicher Traditionen in der römischen Kurie
und in der katholischen Weltkirche.
Abstract
The papal ceremonial of the high renaissance combines
ecclesiastical liturgy, courtly etiquette, and diplomatic
protocol. By combining religious, representative,
artistic-aesthetic, and pedagogical elements of form and
function, it expressed and guaranteed the spiritual and
secular double character of the papal monarchy. This paper
is concerned with the principles, aspects, the bearers, and
the instruments of ceremonial developments in writing and in
performance that emerged in the pontificates of
Julius II and Leo X (1506–1521) –
intended as an extension and critical discussion of a first
phase of a papal ceremonial reform that began around 1484.
There are surprising indications that even before the
Council of Trent, all ceremonies were standardized,
sometimes also modified, and ultimately repeatedly revised.
The papal ceremonial of the high renaissance was thus given
a unique form that was particularly characteristic of the
pontificates of Julius II and Leo X, partly also
of Clemens VII and that was oriented towards a
performance of the moment. After the Council of Trent,
however, the complete surviving written corpus of the
ceremonial masters Agostino Patrizi, Johannes Burckard, and
Paris des Grassis from the years 1484 to 1521 was critically
examined once again. In a revised edition, it then
constituted the definitive source of the respective
specifically modern adaptations of medieval traditions
within the Roman Curia and the Catholic church as a
whole.
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Marco Cavarzere:
Rituale und Zeremonien zu Beginn der Reformation –
zwischen Kritik und Innovation
Zusammenfassung
Die Protestanten machten vom päpstlichen Zeremoniell
im 16. Jahrhundert wesentlich politischen Gebrauch. Die
reformatorische Bewegung, angefangen von den Werken Luthers,
bediente sich des Zeremonialapparats der römischen
Kurie, um eine wirkungsvolle Kampagne politischen Charakters
gegen die Übergriffe des Papsttums gegen deutsche
Nation und Kaiser zu inszenieren. Die Reformatoren
fügten ihren Texten auch sehr einflussreiche und weit
verbreitete Bilder bei, die ihrerseits von der
großartigen visuellen Kraft der päpstlichen
Zeremonien beeinflusst waren. Im Lauf der Jahre und
insbesondere in Folge der vom Trienter Konzil besiegelten
konfessionellen Spaltung, änderte der polemische
Gebrauch des Papstzeremoniells seinen Charakter und wurde
Bestandteil einer allgemeineren Kritik an den historischen
und theologischen Fundamenten des Papsttums; dabei
stützte man sich auf einige hervorstechende Ereignisse
im römischen Zeremonialleben, wie Krönungen und
Jubiläen. Zur selben Zeit nahmen die Beschreibungen des
päpstlichen Zeremoniells, die im Land der Reformation
publiziert wurden, auch den Charakter von Führern
für den neugierigen protestantischen Leser an, der sich
über die »exotische« Welt des katholischen
Feindes informieren wollte.
Abstract
In the 16th century, Protestants made considerable
political use of papal ceremonial. The reformatory movement,
starting with the works of Luther, employed the ceremonial
apparatus of the Roman Curia to orchestrate an effective
political campaign against the papal assaults on the German
nation and the emperor. The reformers also attached to their
texts highly influential and widely distributed pictures
which themselves were influenced by the great visual power
of papal ceremonies. Over the years, and particularly after
the confessional schism completed by the Council of Trent,
the polemical usage of papal ceremonial changed its
character and became part of a more general critique of the
historical and theological foundations of the papacy. Here,
the focus was on some prominent events in Roman ceremonial
life such as coronations and anniversaries. At the same
time, the descriptions of papal ceremonial published in the
country of the reformation assumed the character of
guide-books for curious Protestant readers who wanted to
learn about the »exotic« world of the Catholic
enemy.
Sommario
L'uso che del cerimoniale pontificio fecero i protestanti
nel corso del Cinquecento fu essenzialmente politico. Il
movimento riformatore, a partire dalle opere di Lutero
stesso, si servì dell'apparato cerimoniale della
Curia romana per orchestrare una efficace campagna stampa di
carattere politico contro i soprusi del Papato verso la
nazione tedesca e l'Imperatore. I Riformatori unirono ai
loro testi anche immagini di grande impatto e diffusione,
che trovavano ispirazione nella grandiosa forza visiva delle
cerimonie papali. Nel corso degli anni, e in particolare a
partire dalla frattura confessionale sancita a Trento, l'uso
polemico del cerimoniale pontificio cambiò segno e
entrò a far parte della critica più generale
verso i fondamenti storici e teologici del Papato,
soffermandosi su alcuni eventi più eclatanti della
vita cerimoniale romana, come le incoronazioni e i giubilei.
Nello stesso tempo, le descrizioni del cerimoniale
pontificio pubblicate in terra di Riforma assunsero anche il
sapore di guide per il curioso lettore protestante che
voleva informarsi sull'«esotico« mondo del nemico
cattolico.
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Julia Zunckel:
»Erit ergo de hac re in congregatione
discutiendum«. Die Bedeutung des Zeremonialwesens im
Rahmen kurialer Reformprozesse
Abstract
Abandoning the static concept of court representation
efforts emphasising the performativity of power legitimating
strategies in public rituals, the codification of the papal
ceremonies' tradition, occurred in 1488 with the new
»Caeremoniale Romanae Curiae«, is meant to be the
ritual constitution of the monarchical papacy. Focusing on
inner-curial struggles it seems to affirm the papal primacy
not only against Conciliarism but most of all against
cardinals' prerogatives of co-government. Whereas scholars
are persuaded that the ceremonial system of papacy was
definitely consolidated during the Renaissance and then
hardened in purely formalism, inquiring the ceremonial
aftermaths of the Council of Trent through the masters' of
ceremonies diaries there is some evidence for disorder and
disorientation. Since ceremonial coherence was lost, in
order to reform »ceremonial books« pope
Gregory XIII established an apposite congregation of
cardinals. Being engaged in a profound reflection upon the
readjustment of symbolic resources in relation to sacred
rituals, social practices and ecclesiological frameworks,
the disputes in the core of the Curia between different
currents give us some evidence that the members of the Curia
were well aware of the fragility of performative
meaning-making. So it seems important to pay attention
especially on the congregation of ceremonies, as it marks
the turning point to a new procedural approach on
communication. Moreover the Popes established a lot of
commissions engaged with specific sectors of the
»Caeremoniale« reforming the procedures of the
conclave and of canonizations. A »Caeremoniale«
for the bishops was also created and the intention was to
reform the cardinalate.
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