Aus dem Inhalt / from the book:
Kurzzusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Kurzzusammenfassung:
Die ständischen Institutionen der Frühen Neuzeit
sind von der Forschung bisher meist unter einer Perspektive
untersucht worden, die den – modern
gesprochen – gesetzgeberischen Ertrag der
Versammlungen in den Vordergrund stellte. Im Zentrum des
Interesses standen dementsprechend die schon sehr früh
schriftlich niedergelegten Beschlüsse auf dem Feld der
Herrschaftsverträge, der Steuerbewilligungen und der
Landesverwaltung. Die Verhandlungen selbst erschienen vor
diesem Hintergrund in erster Linie als rationales,
machtorientiertes Ringen, das an seinen Ergebnissen zu
messen war. Und zweifellos konnten auf diesem Wege
fundamentale Einsichten gewonnen werden.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes konzentrieren sich
dagegen auf die Praxis der ständischen
Kommunikationsprozesse selbst. Das meint zum einen das
Verhandeln im engeren Sinn. Das meint aber
zugleich, jene Praktiken einzubeziehen, die bisher meist als
akzidentelles und zu vernachlässigendes Beiwerk
frühneuzeitlicher Institutionen galten, in den Debatten
der letzten Jahre jedoch zunehmend als bedeutungsvoll und
relevant erkannt worden sind, nämlich die des
Zelebrierens. Damit ist die zeremonielle
Durchformung der Ständeversammlungen gemeint, die in
allgegenwärtigen symbolischen Ausdrucksformen wie
Sessionsordnungen, rangbasierten Abstimmungsformen und
solennen Akten, etwa der Versammlungseröffnung oder der
Abschiedsverkündung, zum Ausdruck kam. Erst eine solche
Perspektive, die verhandlungsförmige und zeremonielle
Praktiken gleichermaßen und in ihrem Zusammenspiel
untersucht, ist in der Lage, Ständeversammlungen in
ihrer Ganzheit wahrzunehmen und damit ihre Eigenart und
wahrscheinlich auch ihre Transformationen umfassender und
präziser zu beschreiben und zu interpretieren. Der Band
will in diesem Sinne erstmals empirische Studien in einer
europäisch-vergleichenden Herangehensweise
bereitstellen.
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Inhaltsverzeichnis:
Vorwort
Tim Neu, Michael Sikora und Thomas Weller:
Einleitung
I. Funktionen
Hans-Jürgen Bömelburg:
Symbolische Kommunikation auf dem
Sejm in der Krise (1649–1668). Zeremonielle und
instrumentelle Akte in Krieg und Bürgerkrieg
Gabriele Haug-Moritz:
Reichstag, schmalkaldische Bundestage,
ernestinische Land- und Ausschußtage der 1530er Jahre als
ständische Institutionen - Eine vergleichende Betrachtung
Thomas Weller:
War Kastilien anders? Zeremoniell und
Verfahren der kastilischen Cortes (1538–1665)
Andreas Würgler:
Reden und mehren. Politische Funktionen
und symbolische Bedeutungen der eidgenössischen Tagsatzung
(15.–18. Jahrhundert)
II. Praktiken
Josef Matzerath:
»... daß ich zeit meines Lebens nicht mehr
confusion und disordre gesehen«. Eröffnungszeremonien des
sächsischen Landtages und des englischen Parlaments am
Beginn des 18. Jahrhunderts
Tim Neu:
Sitzen, Sprechen und Votieren. Symbolische und
instrumentelle Dimensionen landständischer
Handlungssequenzen in Hessen-Kassel (17./18. Jahrhundert)
Ida J. A. Nijenhuis:
Republikanische Repräsentation? Ansehen
und Rang in der zeremoniellen und diplomatischen Praxis der
Generalstaaten im 17. Jahrhundert
Arno Strohmeyer:
Die Konstruktion der Herrschaftsordnung in
monarchisch-ständischen Kommunikationsräumen durch Erinnern
und Vergessen: Österreich unter der Enns und Ungarn (16./17. Jh.)
III. Konflikte
Wim Blockmans:
Breaking the Rules. The Emergence of the
States General in the Low Countries in the Fifteenth and
Sixteenth Centuries
Elizabeth Harding:
»concludiret per majora« oder
»ausgemachet durch das los«. Entscheidungsverfahren
landsässiger Ritterschaftskurien im 18. Jahrhundert
Kolja Lichy:
Wider die Sejm-Komödie. Repräsentation der
respublica in Polen-Litauen zwischen Sejm und Rokosz
Albrecht P. Luttenberger:
Zeremonial- und Sessionskonflikte
in der kommunikativen Praxis des Reichstages im 16. Jahrhundert
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Rezensionen:
»[...] hohe informative und wissenschaftliche Qualität [...]«
Birgit Näther, Online-Rezension in
www.hsozkult.de
* * *
»Ein Verständnis ständischer Aushandlung,
frühneuzeitlicher Machtpraxis, das die hier
angestellten Überlegungen und erbrachten Befunde
übergeht, dürfte zunehmend eindimensional
wirken.«
Mathias Mesenhöller, in: Zeitschrift für
Historische Forschung 38, Heft 1 (2011),
S. 117–119.
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