Kurzzusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Einleitung (Auszug)
Kurzzusammenfassung:
Mit dem vorliegenden Band wird erstmalig das Diarium
eines päpstlichen Zeremonienmeisters aus der
Frühen Neuzeit publiziert. Die Edition enthält die
Notate, die Paolo Alaleone de Branca (1557/58–1643)
während des Pontifikats Gregors XV.
– ab dem Tod des Vorgängerpapstes
Paul V. am 28. Januar 1621 bis zur Krönung des
Nachfolgers Urban VIII. am 29. September
1623 – in seinem Tagebuch festgehalten hat. In
der Frühen Neuzeit avancierten die Zeremoniardiarien
zum ersten Reflexionsmedium symbolischer Praxis am
päpstlichen Hof. Es gab kein liturgisches oder
zeremonielles Ereignis, über das der Zeremonienmeister
in dieser Art Chronik nicht berichtet hätte. Von der
regelmäßigen Papstmesse, den öffentlichen,
halböffentlichen oder geheimen Konsistorien des
Kardinalskollegiums, über das diplomatische Zeremoniell
eines Gesandtschaftsempfangs bis hin zu
außergewöhnlichen Anlässen wie
beispielsweise einer Heiligsprechung oder einer Papstwahl
– in keiner anderen Quellengattung finden sich all
diese Zeremonien von einem einzigen Autor beschrieben, der
zudem noch selbst für ihre Planung und
Durchführung verantwortlich zeichnete.
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Inhaltsverzeichnis:
Vorwort
I. Einleitung
- Päpstliches Zeremoniell in der Frühen Neuzeit
Die päpstlichen Zeremonienmeister und ihre Diarien
Das Diarium von Paolo Alaleone de Branca
Zum Autor
Zu Inhalt, Form und Sprache des Werkes
Handschriftenbeschreibung und Textüberlieferung
Alaleones Diarium während des Pontifikats Gregors XV.
Ereignisübersicht
Gesandtschaftsempfänge
Editionsgrundsätze
Abbildung von Schriftbeispielen
Abkürzungen
Literatur
II. Edition
III. Register
Glossar zu Geräten und Gewändern
Biogramme zu allen im Diarium genannten Personen
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Einleitung (Auszug)
Im Gegensatz zu Mittelalter und Renaissance steht die
Erforschung des Papstzeremoniells der Frühen Neuzeit
ganz am Anfang. Während die Mediävistik die
Bedeutung des Zeremoniells für ihre Papsttums- und
Romforschung immer schon mehr oder weniger hoch
veranschlagte, hat die auf anderen Feldern ungemein
produktive Frühneuzeitforschung zu Rom diesem
Gegenstand – mit Ausnahme einiger wegweisender
Pilotstudien der italienischsprachigen
Romhistoriographie – bislang nur wenig
Aufmerksamkeit entgegengebracht. Diese Leerstelle ist nicht
nur mit dem primär sozialhistorischen bzw.
»mikropolitischen« (doch kulturgeschichtlich
durchaus offenen) Erkenntnisinteresse der gegenwärtigen
frühneuzeitlichen Romforschung erklärbar, sondern
hat vielleicht noch mehr mit einer latent teleologischen
Vorstellung zu tun, die durch die Rekonstruktion der
mittelalterlichen Entwicklung evoziert worden sein mag und
in deren Perspektive man dem päpstlichen Zeremoniell
der Frühen Neuzeit gar keine Geschichte mehr
einräumte.
Tatsächlich erreichte mit der Fertigstellung des
sogenannten Caeremoniale Romanum von Agostino
Piccolomini Patrizi (1435–1495) und Johannes Burckard
(um 1450–1506) im Jahre 1488 eine Jahrhunderte
dauernde Tradierung und Überarbeitung von
Zeremonienbüchern an der päpstlichen Kurie ihren
vorläufigen Schlußpunkt. Die Epoche nach dieser
grundlegenden Kodifizierung wurde schließlich
zeremoniellgeschichtlich vielfach nur noch als unproduktive
Anwendung der spätmittelalterlichen Textvorlage unter
dem Gesichtspunkt der Erstarrung wahrgenommen und damit
einer selbständigen Erforschung als nicht würdig
erachtet. Daß eine solche Einschätzung kaum den
fundamental neuen Herausforderungen gerecht wird, auf die
das Papsttum im Zeitalter von reformatorischer
(Zeremoniell-)Kritik, von Katholischer Reform und
Konfessionalisierung selbstverständlich auch auf dem
Feld symbolischer Kommunikation zu reagieren hatte,
dürfte in einer Zeremonialgeschichte, die nicht nur
immanente Textentwicklungen nachvollzieht, sondern soziale,
kulturelle, theologische Kontexte mit berücksichtigt,
keiner eingehenden Begründung bedürfen. Auch wenn
es zur Grundfunktion des Zeremoniells gehört,
herrschaftliche Macht geradezu durch die Darstellung von
Kontinuität und Unveränderlichkeit zu
legitimieren, und sich deswegen Transformationen in
zeremoniellen Handlungen gewöhnlich nur in sehr
»feinen Unterschieden« deutlich machen lassen,
sind in der Frühen Neuzeit schon allein auf
institutioneller Ebene fundamentale Neuheiten zu beobachten,
die offensichtlich von einer äußerst bewegten
Geschichte auch des päpstlichen Zeremoniells dieser
Epoche zeugen.
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