Zum Inhalt:
Die Austragung von Konflikten und ihre Regulierung sind
ein in Vergangenheit und Gegenwart alltägliches
Phänomen. Anlässe und Ursachen sowie die Praktiken
des Konfliktaustrags waren und sind von
unüberschaubarer Vielfalt. Der jeweilige kulturelle und
historische, regionale und soziale, alters- und
geschlechterspezifische Kontext stellt Konflikte in
höchst unterschiedliche Zusammenhänge und macht
ihr Verständnis oft schwierig. Ohne ein tieferes
Verständnis und die genaue Kenntnis dieser
Hintergründe bleiben Einsichten in Konflikte oft
oberflächlich und unscharf. Liegen die Ereignisse
historisch weit entfernt, so erhöhen sich die
Verständnisprobleme beträchtlich. Komplexe
Sachverhalte sind oft nur bruchstückhaft
überliefert und ihre Vielfalt an symbolischen Formen
nicht ohne weiteres aufzulösen und zu deuten.
Der Band basiert im wesentlichen auf einem gleichnamigen
Kolloquium, das das volkskundliche Teilprojekt im SFB 496
»Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche
Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen
Revolution« an der Universität Münster.
Ausgehend von der Leitfragestellung des gesamten
Forschungsvorhabens nach den Wechselwirkungen zwischen
gesellschaftlichen Wertvorstellungen und symbolischem
Handeln für die Epoche der europäischen
Vormoderne, widmen sich die Beiträge den symbolischen
wie eher direkten Praktiken der Konfliktaustragung in
unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung vom 16. bis
in das frühe 18. Jahrhundert (Soldaten, Studenten,
Juden und Christen, ländliche und städtische
Gesellschaft). Der Einsatz physischer Gewalt in Konflikten
unter Männern erweist sich dabei als ein Grundmuster,
das sich in den Städten des 16. Jahrhunderts
ebenso nachweisen lässt wie noch in der ländlichen
Gesellschaft des 18. Jahrhunderts, und dies über
alle Sozialschichten hinaus. Adlige Offiziere und Studenten
ließen sich genauso in Rauf- und Ehrenhändel
verwickeln wie einfache Bauern und Handwerker und bedienten
sich vergleichbarer Mittel im Konfliktaustrag. Auch die
Streitkultur der jüdischen Bevölkerung wies hier
keine signifikanten Unterschiede zu derjenigen ihrer
christlichen Zeitgenossen auf. Gemeinsam war allen die hohe
Verletzlichkeit von Ehre, die ganz erheblich zur agonalen
Struktur der frühneuzeitlichen Gesellschaften
beitrug.
Mit Gesten und Gebärden maßen sich die
Menschen in genau abgestufter Weise Rang und Ehre zu oder
sprachen sie einander ab. Die Leistung der symbolischen
Kommunikation war dabei durchaus ambivalent. Sie ließ
Spielraum für unterschiedliche
Bedeutungszuschreibungen, die das Verbergen von Konflikten
ebenso ermöglichten wie sie das Ausbrechen von
Konflikten fördern konnten. Dieser Spielraum war jedoch
nicht unbegrenzt. Denn es musste – zumindest
innerhalb kleinerer Gruppen, aber auch innerhalb der
Gesamtgesellschaft – Konsens darüber
bestehen, welche Bedeutung bestimmten symbolischen
Handlungen zukam. So bestand ein überaus enger
zukunftsgerichteter Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen
Normen und den ihnen zugeordneten symbolischen
Handlungen.
Die Autoren und ihre Beiträge:
Jutta Nowosadtko:
Mehr zu Verbrechen, Lüsten und Affecten geneigt als
andere Stände? – Die Beteiligung von
münsterischen Militärpersonen an
Raufhändeln
Bernd-Wilhelm Linnemeier:
»Ob man dich oder einen hund dohtsticht, ist ein
thun« – Christlich-jüdische Konfrontationen
im frühneuzeitlichen Alltagsleben Westfalens
Barbara Krug-Richter:
Du Bacchant, Quid est Grammatica? – Konflikte
zwischen Studenten und Bürgern in Freiburg/Br. in der
Frühen Neuzeit
Annette Hennigs:
»Zwischen Staat und Kirchengemeinde. – Ein
frühneuzeitlicher Pfarrer im Konflikt um Ehre und
Moral«
Arnold Beuke:
»In guter Zier und Kurtzweil bey der naßen
angetastet« – Aspekte des Konfliktaustrags in der
Frühen Neuzeit
Michaela Fenske:
Der Kampf um die Grenze – Rationale
Interessendurchsetzung in Stadt und Land in der Frühen
Neuzeit
Martin Scheutz:
Zwischen Schlägen und gerichtlichem Ausgleich.
– Formen der Konfliktaustragung in
niederösterreichischen Gerichtsakten des
18. Jahrhunderts
Näheres zu den Beiträgen:
Jutta Nowosadtko
Mehr zu Verbrechen, Lüsten und Affecten geneigt als
andere Stände? – Die Beteiligung von
münsterischen Militärpersonen an
Raufhändeln
Innerhalb der historischen Fachliteratur wird nicht
selten eine gesteigerte Gewaltbereitschaft der
männlichen Militärbevölkerung behauptet.
Gleichzeitig wird den Soldaten des Ancien Régime
unterstellt, sie hätten die im brutalen Drill selbst
erlittenen Mißhandlungen an Frauen und Zivilisten
gerächt. Im konkreten Einzelfall erweist sich jedoch
der Nachweis als schwierig, daß sich Soldaten
tatsächlich aggressiver als andere Männer
verhielten. Tatsächlich unterschied sich ihr Verhalten
in gewalttätigen Auseinandersetzungen kaum vom Handeln
ziviler Konfliktteilnehmer. Die Raufhändel erscheinen
daher als ungeeignetes Instrumentarium, die negativen Folgen
eines brutalen Drills zu beobachten. Die
zeitgenössische Problemwahrnehmung lenkt den Blick
überdies in eine falsche Richtung. In der Regel waren
die Soldaten kein »liederliches Gesindel«, das
eine Bedrohung der Gesamtgesellschaft darstellte. In der
Praxis stellten eher die Übergriffe von Offizieren ein
Problem dar, weil in diesen Fällen wesentlich
schwieriger Sanktionen durchzusetzen waren.
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Bernd-Wilhelm
Linnemeier
»Ob man dich oder einen hund dohtsticht, ist ein
thun« – Christlich-jüdische Konfrontationen
im frühneuzeitlichen Alltagsleben Westfalens
Der Themenbereich christlich-jüdischer
Konfrontationen im frühneuzeitlichen Alltagsleben
Westfalens wird hier für eine Teilregion
Nordwestdeutschlands erstmals als eigenständiges
Anliegen der Forschung aufgegriffen. Hierbei konnte eine
reiche und noch keineswegs ausgeschöpfte
Überlieferung archivalischer Quellen zu Grunde gelegt
werden, deren Ursprung im Wesentlichen auf die
Tätigkeit der niederen Gerichtsbarkeit zurückgeht.
Hierbei ist vor allem in qualitativer Hinsicht zwischen den
vielfach nur stenographisch-knappen Vermerken
registerförmiger Quellen und Gerichtsprotokollen im
engeren Sinne zu unterscheiden. Letztere bieten oftmals eine
zusätzliche Fülle von Hintergrundinformationen,
aus denen sich komplexe Handlungsabläufe im Rahmen
alltäglicher Konfliktbewältigung auch zwischen
Angehörigen zweier so unterschiedlicher
Bevölkerungsgruppen rekonstruieren lassen.
Instanzen der innerjüdischen, d.h. rabbinischen
Gerichtsbarkeit spielten hierbei erwartungsgemäß
keine Rolle: Ihre Aktivitäten richteten sich –
gemäß dem Rechtsverständnis der
frühneuzeitlichen Landesherrschaft – allenfalls
auf Bereiche gruppeninterner Jurisdiktion aus.
Ganz selbstverständlich waren dagegen auch
Angehörige der ethnisch-religiösen Minderheit als
Kläger und Beklagte in der Auseinandersetzung mit
Nichtjuden der Zuständigkeit territorialer bzw. lokaler
Gerichte unterworfen und traten hierbei durchaus
selbstbewusst und erfolgreich in Erscheinung. Auch sie
erhoben Anspruch auf eine unverletzte persönliche Ehre
und konnten im umgekehrten Fall auch durch
nichtjüdische Zeitgenossen belangt werden: Sie waren
also in dieser Hinsicht durchaus
»satisfaktionsfähig« und standen – wie
sich anhand der Schilderung bestimmter Hintergrundszenarien
vielfach deutlich erkennen lässt – keineswegs
außerhalb der frühmodernen Gesellschaft.
Die Konflikte selbst lassen eine Charakterisierung nach
unterschiedlichen Kategorien zu: Zunächst sind
individuelle Ehrenhändel zu nennen, die sich
hinsichtlich ihrer Abläufe und der dabei eingesetzten
»Instrumentarien« kaum von vergleichbaren
Auseinandersetzungen zwischen Nichtjuden unterscheiden.
Dort, wo ritualisierte Angriffe auf Juden ins Spiel kommen,
wird jedoch vielfach eine erhebliche Brutalität auf
Seiten nichtjüdischer Aggressoren erkennbar. Dies gilt
für individuelle Attacken ebenso wie für
gruppengebundene Übergriffe. Feindselige Potentiale
lagen – vor allem mit Blick auf die
ethnisch-religiöse Minderheit – offenbar unter
einer überaus dünnen Membran und waren im
Bedarfsfall rasch abrufbar. Dabei muss jedoch betont werden,
dass die Konfrontationen in ihren vielfältigen
Erscheinungsformen wohl als »Störfälle«,
kaum jedoch als Norm des alltäglichen Umgangs zwischen
Christen und Juden im frühneuzeitlichen Westfalen zu
bezeichnen sind.
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Barbara Krug-Richter
Du Bacchant, Quid est Grammatica? – Konflikte
zwischen Studenten und Bürgern in Freiburg/Br. in der
Frühen Neuzeit
Der Beitrag widmet sich der studentischen Konfliktkultur
am Beispiel der Universitätsstadt Freiburg im Breisgau
im ausgehenden 16. und frühen 17. Jahrhundert.
Dabei erwiesen sich insbesondere die Beziehungen zwischen
Studenten und Handwerksgesellen sowie zwischen Studenten und
der erwachsenen Bürgerschaft als hochgradig
konfliktträchtig. Die rechtliche Privilegierung, die
die Studenten in Fällen geringfügiger Delinquenz
ausnahmslos der Gerichtsbarkeit der Universität
unterstellte, brachte eine Art Freiraum mit sich, den
zahlreiche der jungen Männer weidlich ausnutzten.
Neben der studentischen Geselligkeitskultur mit ihrem
nächtlichen »Lärmen«, Musizieren und
Tanzen in den Gassen der Stadt waren insbesondere die
zahlreichen Raufereien und bewaffneten Kämpfe wenig
kompatibel mit den Schlaf- und Ruhebedürfnissen und
auch den Ordnungsvorstellungen der Stadtbürger. Dabei
zeichnete sich die studentische Konfliktkultur vor allem
durch ihre Vorliebe für Waffen aus: Degen, Dolche und
Rapiere gehörten allen Verboten zum Trotz zur
Standardausstattung von Studenten und führten zu einer
Konfliktkultur, in der dem bewaffneten, mehr oder weniger
ritualisierten Zweikampf eine zentrale Rolle zukam. Dieser
war Bestandteil einer offensiv nach außen getragenen
Männlichkeit, in der kriegerische Tugenden wie
Kampfbereitschaft, Wehrhaftigkeit, körperliche
Stärke und eine geschickte Handhabung der Waffe
zentrale Elemente darstellten.
In den bewaffneten
Auseinandersetzungen stellten die jungen Männer ihren
Mut und ihre Tapferkeit unter Beweis, eine wesentliche
Voraussetzung für die Integration in die und die
Konstituierung der Gruppe. Insbesondere die
Männlichkeit der jungen Männer, hier
überschnitten sich die Männlichkeitskonzepte von
Studenten und den altersgleichen Handwerksgesellen, war ein
fragiles Gebilde, das immer wieder eingeübt und neu
hergestellt werden musste. Dabei kam den Rauf- und
Ehrenhändeln in der frühneuzeitlichen
Jungmännerkultur eine wesentliche Rolle zu.
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Annette Hennigs
»Zwischen Staat und Kirchengemeinde. – Ein
frühneuzeitlicher Pfarrer im Konflikt um Ehre und
Moral«
Der frühneuzeitliche Staat mühte sich um eine
umfassende Kontrolle aller Lebensbereiche der
Bevölkerung. Dieser Prozess wird in der Regel mit den
plakativen Schlagworten »Absolutismus« und
»Sozialdisziplinierung« umrissen, die mittlerweile
seit einigen Jahrzehnten die Sozialgeschichtsschreibung
beeinflussen und von ihr kritisch durchleuchtet werden. Zu
den wesentlichen Funktionsträgern, die der
Bevölkerung das gewünschte moralische Verhalten
beispielhaft vorleben und gleichzeitig darüber
Kontrolle ausüben sollten, gehörten die
Geistlichen.
Anhand der Person des reformierten Pfarrers Johannes
Stephani aus Hillentrup bei Lemgo (Grafschaft Lippe) soll
untersucht werden, in wieweit der Anspruch an
Vorbildlichkeit und Kontrollmöglichkeit in einer
Gemeinde in der konfliktreichen Phase des
Dreißigjährigen Krieges durchgesetzt werden
konnte. Die ersten Amtsjahre des Pfarrers waren geprägt
von dem Versuch, innerdörfliche Auseinandersetzungen,
die er sowohl im Hinblick auf sein Amt als auch auf seine
Person führen mußte, jenseits der
vorgeschriebenen gerichtlichen Instanzen zu beizulegen. Als
dies nicht mehr zu Lösungen führte, geriet er auf
dem gerichtlichen Instanzenweg in eine nicht mehr
aufzuhaltende Ereigniskette, die letztendlich aufgrund der
ihm vorgeworfenen moralischen Verfehlungen zu seiner
Amtsenthebung führte. Dies dokumentiert vor allem das
Scheitern der Person des Pfarrers, auch wenn sich der Staat
vor dem Hintergrund seiner Autoritätsbemühungen
mangelnde Durchsetzungskraft vorwerfen lassen muss.
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Arnold Beuke
»In guter Zier und Kurtzweil bey der naßen
angetastet« – Aspekte des Konfliktaustrags in der
Frühen Neuzeit
Am einführenden Beispiel des Konflikts zwischen dem
Spielmann Hüllich und dem Adeligen von Wüllen auf
einer Hochzeitsfeier 1603 in Seppenrade bei Münster,
der mit dem tragischen Tod der schlichtenden
Spielmannsgattin endete, versucht der Aufsatz, wesentliche
Aspekte von Konfliktgebaren und der schrittweisen Eskalation
im Gewaltkonflikt zu verdeutlichen. Die Konflikte verliefen
über verschiedene Formen der verbalen
Auseinandersetzung (Schelten, Bedrohen, Verfluchen), und
eskalierten oft zu einer gewaltsamen körperlichen
Auseinandersetzung. Provokationen erfolgten durch
Schmähgesten und demütigende Angriffe auf die
Nähe des Körpers. Symbolische Angriffe zielten
dabei auf bestimmte Körperteile, vor allem Teile des
Gesichts. Im Gegensatz zu diesem ritualisierten Verhalten,
war die direkte Gewalt affektgeleitet und oft von
blinder Zerstörungswut geprägt. Sie
konnte bis zur Tötung des Gegners führen.
Gewalt war als kulturelles Grundphänomen Bestandteil
des frühneuzeitlichen Alltags und wurde im
ländlichen Raum mit Hilfe aller greifbaren
Zufallswaffen ausgeführt. Anonymität
steigerte dabei die Gewaltbereitschaft. Hohe Bedeutung wurde
auch dem Ort des Konfliktaustrags zugemessen. Straße,
Mühle, Kirchentür und andere Orte der
Öffentlichkeit wurden bewusst gesucht, um aus der
Unterstützung der Zeugen eine Stärkung der eigenen
Position zu erfahren. Wichtiger Ort war das Gelage –
die Trinkrunde in der öffentlichen Wirtsstube. Der
Alkoholkonsum beeinflusste das Verhalten der Teilnehmer,
nicht nur durch seine berauschende Wirkung, sondern auch
durch den durch Normen und Ritualen regulierten Ablauf der
Trinkrunden. Bei aller feststellbaren Gewalt gab es
allerdings keinen Automatismus einer steigenden
Konflikteskalation, sondern es gab regelmäßig
genutzte Wege der Konflikteindämmung, von denen hier
das Ausweichen, die Beschickung und die Rettung diskutiert
werden.
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Michaela Fenske
Der Kampf um die Grenze – Rationale
Interessendurchsetzung in Stadt und Land in der Frühen
Neuzeit
Der vorliegende Beitrag behandelt unter mikrohistorischer
Perspektive zwei Grenzkonflikte: einen innerstädtischen
Grenzkonflikt um die Kontrolle der städtischen
Außengrenze in der Stadt Hildesheim (Bistum
Hildesheim, heute Niedersachsen) und einen Grenzkonflikt um
den Verlauf der Gemarkungsgrenze zwischen dem Dorf Waake
(Kurfürstentum Hannover, heute Niedersachsen) und einer
Nachbargemeinde sowie ihren jeweiligen Herrschaften. In
beiden Konfliktfällen ging es im weiteren Sinne um
Macht- und Ressourcenverteilung. Im Kontext betrachtet zeigt
sich, dass im Grenzkonflikt ein breites Repertoire an
unterschiedlichen Formen der Konfliktaustragung zum Einsatz
kam. Aus diesem Repertoire wählten die am Konflikt
Beteiligten gemäß der Situation und ihrer
sozialen Stellung, zielgerichtet das jeweils probate Mittel
aus. Dabei erfolgte die Bildung von Allianzen zwischen den
Konfliktparteien flexibel gemäß den
Interessenlagen. Die vorgestellten Fälle zeigen eine
streitbare, dynamische und bei der Verfolgung ihrer
Interessen reflektiert und rational handelnde
frühneuzeitliche Gesellschaft.
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Martin Scheutz
Zwischen Schlägen und gerichtlichem Ausgleich.
– Formen der Konfliktaustragung in
niederösterreichischen Gerichtsakten des
18. Jahrhunderts
Konflikte wurden in der Frühen Neuzeit oft auch
außerhalb des Gerichtes unter Einbeziehung von
Nachbarn, Verwandten oder Freunden gelöst. Obwohl die
Quellenlage insgesamt schwierig ist, scheinen der
gerichtlichen Austragung von Konflikten vielfach
außergerichtliche Vergleichsbestrebungen vorgelagert
gewesen zu sein. Die Gerichte in der Frühen Neuzeit
zogen diese Konfliktlösungskompetenzen im Laufe der
Neuzeit zwar immer stärker an sich, indem etwa
Ehrkonflikte nur mehr über Gericht
»gelöst« werden durften. Private
»Vergleiche« auch bei geringfügigen
Diebstählen wurden dabei verboten, allein das Gericht
schlichtete Frieden und sprach »Kontrahenten« zu
guten Freunden. Dennoch lassen sich im 18. Jahrhundert
außergerichtliche Konfliktlösungen beobachten:
Magiespezialisten, etwa Viehhirten, die sich auf die
»Wiederbeschaffung« von verlorenen/gestohlenen
Gegenständen verstanden, können darunter ebenso
subsumiert werden wie protestierende Handwerksgesellen
(Charivari). Auch im Umgang mit Bettlern und Bettlerinnen
kam es häufig nicht zur Anzeige – die auf
frischer Tat von den Diebstahlsopfern ertappten oder auf der
Flucht gestellten Diebe wurden nach Abnahme des Diebesguts
verprügelt und vielfach nicht angezeigt.
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Rezensionen:
Ralf-Peter Fuchs, in: Zeitschrift für
historische Forschung 34, Heft 1 (2007),
S. 126–128.
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