Inhaltsverzeichnis:
Zum Geleit Julia Schulz-Dornburg
Grußwort Annette Schavan
30-jähriges Jubiläum der Gerda Henkel
Stiftung Michael Hanssler
Bericht der Jury Ralf Dahrendorf
Laudatio Christina Weiss
Könige als Künstler (Gerda Henkel
Vorlesung) Martin Warnke
Martin Warnke Vita, Publikationen
Textauszug:
Sehr jung ist die Meinung, Kunst bilde eine Art Gegenwelt
zum Staat; sie sei eine Art Fluchtziel, an das sich begibt,
wer den allgegenwärtigen Fängen des Staates
ausweichen will; und der Künstler sei eine Art
Antitypus zum Staatsmann. Sehr alt ist dagegen die Meinung,
es gebe eine Strukturähnlichkeit zwischen dem Schaffen
eines Künstlers und dem Handeln eines Staatsmannes.
Platon war wohl der Erste, der in seiner Republik die
Analogie so entfaltet hat, dass sie noch auf viele
Jahrhunderte nachwirken konnte: Obwohl er von seinem idealen
Staat Dichter und Künstler verbannt wissen wollte,
fällt ihm doch immer zuerst der Maler ein, wenn er an
ein vernünftiges staatliches Handeln denkt. Die
Philosophen sind nach ihm deshalb die besten
Staatsmänner, weil sie, wie die Maler, »auf das
Urbild der Wahrheit hinblicken, alles darauf beziehen und
aufs genaueste betrachten können«. Die Philosophen
sollen als Staatsführer »Maler von
Staatsverfassungen« sein, indem sie sich »nach
göttlichem Vorbild richten« und es so beginnen,
dass sie »Staat und Sitten der Menschen nehmen und sie
reinigen wie Maler eine Tafel«.
Die politische Theorie und die Loblieder auf die
Herrscher haben eine Reihe von Bildern und Vergleichen, um
die herrscherliche Stellung verständlich zu machen: Der
Fürst ist ein Hirte, der seine Herde hütet; er ist
der Steuermann, der das Staatsschiff durch die gefahrvollen
Klippen und Fluten zu Häfen des Friedens lenkt; er ist
der Arzt, der die Glieder des Staatskörpers bei
Gesundheit hält; er ist der Maschinist, der die
Staatsmaschine oder das Uhrwerk des Staates in Gang
hält; ja, das Herrscheramt stellt »ein Gleichnis
Gottes« dar, es leistet im »Königreich, was
Gott auf der ganzen Welt leistet«. Gegenüber allen
diesen Metaphern, die alle auch eine Verbildlichung gefunden
haben, zeichnet sich diejenige vom
»Staatskünstler« dadurch aus, dass sie
allmählich in Praxis umgesetzt wurde, wogegen wir uns
nicht vorstellen können, dass Könige je wirklich
als Hirten, Steuermänner, als Ärzte oder
Maschinisten gearbeitet haben könnten.
Lange aber war auch die Rede vom malenden König nur
eine metaphorische Redeweise. Dass Nero musiziert und gemalt
habe, berichten Sueton und Tacitus , ähnliche
Nachrichten gibt es über Valentinian und Alexander
Severus und Konstantin den Großen. Die
künstlerische Fähigkeit wird offenbar zu einem
panegyrischen Motiv. ...
Zum Autor:
Geboren am 12. Oktober 1937 in Ijui, Brasilien.
Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik
in München, Berlin und Madrid; Promotion 1963 an der
FU Berlin bei Hans Kauffmann (»Kommentare zu Rubens«).
1964–1965 Volontariat an den Berliner Museen,
1966–1968 Stipendiat in Florenz,
1970 Habilitation in Münster (»Organisation der Hofkunst«),
1971–1978 Professor an der Universität Marburg.
1978 bis zur Emeritierung im April 2003 Professor an der Universität Hamburg.
1983–1984 Wissenschaftskolleg zu Berlin,
1987 Fellow am Getty Center for the History of Art
and the Humanities, Santa Monica.
1990 LeibnizPreis
der Deutschen Forschungsgemeinschaft,
1998–1999 Collegium Budapest,
2005 Stiftung einer MartinWarnkeMedaille
durch
die Universität Hamburg und die AbyWarburgStiftung
für wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der
Kulturwissenschaft.
Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung.
Ausgewählte Publikationen: Kommentare zu Rubens,
Berlin 1965;
Flämische Malerei des 7. Jahrhunderts,
Berlin 1967;
Cranachs Luther. Entwürfe für ein Image,
Frankfurt/Main 1984;
Politische Landschaft: zur Kunstgeschichte der Natur,
München 1992;
Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers,
Köln 1996;
Geschichte der deutschen Kunst. Bd. 2:
Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 1400–1750,
München 1999;
Velázquez. Form und Reform,
Köln 2005;
Peter Paul Rubens. Leben und Werk,
Köln 2006.
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