Zum Inhalt:
Die Soziologie, so möchte man meinen, kann weniger
als fast alle anderen Wissenschaft ohne ein Bild von der
Natur des Menschen auskommen, ist ihr Thema doch das Handeln
von Menschen und die von Menschen gebildeten Gruppen,
sozialen Strukturen und Systeme. Angesichts dessen ist es
interessant, wenn sich bei näherem Zusehen ergibt, dass
die Soziologen mit ganz wenigen Ausnahmen einen
psychologischen Reduktionismus, d.h. die Erklärung
sozialer Tatbestände durch spontane menschliche
Verhaltensdispositionen und Eigenschaften, ablehnen. Das
bedeutet jedoch nicht, dass die Soziologie ohne ein Bild vom
Menschen auskommt. Zwar betrachten keineswegs alle
Soziologen reale Menschen als Element der von ihnen
analysierten sozielen Systeme. Wo dies jedoch geschieht oder
wo zumindest soziales Handeln gewissermaßen als
soziologisches Elementarteilchen gilt, kommt die Soziologie
nicht ohne eine wie auch immer rudimentäres Bild vom
Menschen aus. Allerdings gibt es in der Disziplin keine
Einigkeit darüber, welche menschlichen Eigenschaften
für die Soziologie von zentraler Bedeutung sind. Hier
steht schon seit länger der homo sociologicus,
der sein Handeln an sozialen Normen orientiert, dem homo
oeconomicus gegenüber, der zwecks Mehrung des
eigenen Nutzens rational zwischen verschiedenen
Handlungsalternativen auswählt. Mehrheitlich jedoch
wird in der Tradition Max Webers der Mensch in seiner
Grundorientierung als weniger festgelegt gesehen, und man
versucht sein Handeln, und was daraus an sozialen
Ereignissen und Prozessen folgt, auf die Wirkung
äußerer sozialer Faktoren
zurückzuführen. Damit betont die Soziologie am
Ende jene Züge, die den Menschen zu einem sozialen, zur
Gruppen- und Gesellschaftsbildung fähigen Wesen
machen.
Zur Autorin:
Geboren 1929 in Berlin. 1950 B.A. am Wellesley College
(USA). 1953 Promotion zum Dr.phil. an der FU Berlin.
Von 1953 bis 1957 am UNESCO-Institut für
Sozialwissenschaften in Köln tätig. 1957
Habilitation an der FU Berlin. 1958/1959 Fellowship der
Rockefeller Foundation, 1959/1960 Visiting Assistant
Professor an der Columbia University in New York. Von 1960
bis 1971 zunächst Privatdozentin und
außerordentliche, später ordentliche Professorin
für Soziologie an der FU Berlin, in dieser Zeit
Gastprofessuren an der University of Edinburgh, an der
FLASCO in Santiago de Chile, Theodor-Heuss-Lehrstuhl an der
New School für Social Research in New York. Von 1971
bis 1985 Professorin für (Organisations-)Soziologie in
Speyer und Köln, dort zugleich Direktorin des Instituts
für Angewandte Sozialforschung, in dieser Zeit
Gastprofessur an der Stanford University. 1977 Ehrendoktor
der Universität Uppsala, 1979 der Universität
Paris X-Nanterre. Von 1985 bis zur Emeritierung in 1997
Direktorin am Max-Planck-Institut für
Gesellschaftsforschung in Köln. Seit 1985
Honorarprofessorin an der Universität zu Köln.
Mitglied des Deutschen Bildungsrates (19661970), der
Studienkommission für die Reform des öffentl.
Dienstrechts (19701973), des Senates der DFG
(19741980).
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