Kurzbeschreibung:
Diese Arbeit erschließt den größten Teil
des mittelbabylonischen Onomastikons. Gegenstand der
Untersuchung sind alle Personennamen, die in den
publizierten kassitenzeitlichen Urkunden, Briefen und
Inschriften aus Nippur erscheinen. Unter jedem Namenseintrag
sind folgende Informationen enthalten:
- eine Auflistung sämtlicher Schreibweisen,
- eine Analyse mit Übersetzung, sprachlicher
Zuordnung oder Bestimmung der Bildungselemente,
- weiterführende Literaturhinweise.
Alle Zitate sind prosopographisch gegliedert und mit den
Angaben zu Verwandtschaftsbeziehungen, Berufsbezeichnungen
oder Titeln versehen. Detaillierte Indizes schlüsseln
das Namensgut systematisch auf. Sie verzeichnen und
enthalten Querverweise zu:
- Götter-, Orts- und Tempelnamen, die als Elemente
von Personennamen belegt sind,
- akkadischen Lexemen,
- fremdsprachigen Namen (kassitischen, hurritischen,
elamischen, westsemitischen).
Eine Liste sämtlicher Keilschriftzeichen, die in den
Schreibungen der Namen erscheinen, gibt einen Überblick
über das verwendete Syllabar und die Wortzeichen.
This study investigates and makes accessible the greater
portion of the Middle Babylonian onomasticon. The subject at
hand includes all personal names which appear in the
published documents, letters, and inscriptions of the
Kassite period in Nippur. Each name entry includes the
following information:
- a list of all writings (»spellings«),
- an analysis with a translation, a language distinction
or determination of the elements,
- references to literature.
All cites are ordered prosopographically and augmented
with information to filiation, profession or title. The
names as a group are systematically detailed by extensive
indices which list:
- all names of divinities, places, or temples which are
used as parts of personal names,
- akkadian vocables und lexicographic lemmata,
- names from foreign languages (Kassite, Hurrite, Elamite,
westsemitic).
A list of all cuneiform signs which appear in the
writings of the names gives a good view of the syllabary and
logograms used.
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Aus dem Inhalt:
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Personennamen
Indizes
- Akkadischer Wortindex
Götternamen
Ortsnamen
Tempelnamen
Elamische Personennamen
Hurritische Personennamen
Kassitische Personennamen
Westsemitische Personennamen
Die Keilschriftzeichen
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
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EINLEITUNG
(Auszüge ohne Anmerkungen oder Diakritika)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit
Keilschrifttexten aus einem der Hauptverwaltungszentren der
Kassitenzeit, der Stadt Nippur.
Die frühesten Erwähnungen der Kassiten stammen
aus der Zeit Hammurabis. Diese ersten Kontakte der
Babylonier mit den nomadischen Einwanderern waren anfangs
kriegerischer Natur. Die Herkunft der Kassiten ist
unbekannt, und ihre Sprache, die mit keiner anderen
bekannten Sprache des Alten Orients verwandt ist, ist nur
dürftig überliefert. Nach dem Ende der
altbabylonischen Periode und dem Sturz der herrschenden
Dynastie durch die Hethiter übernahmen die Kassiten die
Macht. Sie regierten so lange wie keine andere
altorientalische Dynastie, nämlich ungefähr
450 Jahre, von ca. 1595–1155 v.Chr. Mit
ihrer Herrschaft begann in Babylonien eine Periode von
wirtschaftlicher und politischer Stabilität. Die
Herrscher unterhielten einen regen Schriftverkehr mit
Ägypten, Hatti und Assyrien. Eine kulturelle
Blütezeit begann, in der die Künste und
Wissenschaften sowie das literarische Schaffen
florierten.
Dennoch ist die Kassitenzeit nach wie vor eine der am
wenigsten erforschten Epochen der mesopotamischen
Geschichte. Der überwiegende Teil der Texte aus dieser
Zeit stammt aus Nippur. Bis heute sind erst ca. 10% der
ungefähr 12.000 dort gefundenen Keilschrifttafeln
veröffentlicht. Die meisten dieser Publikationen wurden
zu Anfang dieses Jahrhunderts erstellt. Hier sind an erster
Stelle die Arbeiten von Clay und Radau zu nennen. Von diesen
Dokumenten, bei denen es sich fast ausschließlich um
Urkunden und Briefe handelt, sind erst ca. 40% bearbeitet
worden, der größte Teil davon ist jedoch
völlig veraltet. Daher mußten nicht nur diese
Texte neu umschrieben werden, sondern auch die bisher noch
nicht behandelten, um die Basis für eine Prosopographie
zu schaffen. Dies ist des weiteren auch die Voraussetzung
für eine Untersuchung der komplexen Verwaltungsstruktur
der Kassitenzeit.
Eingehende Monographien zu speziellen Aspekten der
Kassitenzeit sind bisher selten geblieben. Eine der wenigen
Arbeiten, die sich mit einem Teilgebiet der Verwaltung,
nämlich der Buchungsterminologie, beschäftigen,
stammt ebenfalls vom Anfang dieses Jahrhunderts, dennoch
stellt Torczyners 1913 erschienene Untersuchung
»Altbabylonische Tempelrechnungen« nach wie vor
ein bisher nicht ersetztes Standardwerk dar, ebenso wie
Clays »Personal Names from Cuneiform Inscriptions of
the Cassite Period« von 1912. In den 50er Jahren
erschienen drei weitere Publikationen, die sich mit
Teilgebieten der Kassitenforschung beschäftigten: 1954
Balkans »Kassitenstudien 1, Die Sprache der
Kassiten«, und 1955 und 1957 veröffentlichte Aro
seine »Studien zur mittelbabylonischen
Grammatik« und »Glossar zu den
mittelbabylonischen Briefen«. Die letzten
nennenswerten Arbeiten sind neueren Datums, zwei davon sind
Keilschriftpublikationen: Bernhardt, Sozialökonomische
Texte und Rechtsurkunden aus Nippur zur Kassitenzeit (1976)
und Gurney, Middle Babylonian Legal Documents and other
Texts (1974). Die von Bernhardt veröffentlichten Texte
wurden bereits 1974 von Petschow in
»Mittelbabylonische Rechts- und Wirtschaftsurkunden
der Hilprecht-Sammlung Jena« bearbeitet, und Gurney
legte 1983 die Bearbeitung der von ihm veröffentlichten
Kopien aus Ur vor. 1976 erschien Brinkmans »Materials
and Studies for Kassite History Vol. I«, der in
diesem Katalog die datierten veröffentlichten und
nichtveröffentlichten Dokumente der Kassitenzeit
zusammenstellt.
Insgesamt gesehen ist also die wissenschaftliche
Aufarbeitung der Quellen der Kassitenzeit völlig
unzureichend, eine erneute Beschäftigung mit diesem
Material ist daher ein dringendes Desiderat.
Die Quellen
Ziel dieser Arbeit war es, aufgrund der ca. 1200
veröffentlichten Keilschrifttafeln aus Nippur ein
Namenbuch zu erstellen, wobei die Personennamen aus
folgenden Texten vollständig aufgenommen wurden:
ABPh 29 (= PBS 7,29) ...
Verweise auf die Personennamen, die auch in CPN, ANG,
Balkan, Kassitenstudien I, OMA I, NAOMA, Sommerfeld, Marduk
und Brinkman, SCCNH 1, aufgeführt sind, sind
vollständig vorgenommen worden, wobei die zahlreichen
falschen oder veralteten Lesungen bei CPN nicht angegeben
sind, sondern lediglich die Seitenzahl zitiert wurde. Andere
Fachliteratur (AHw, CAD, NPN, u.a.) ist in ausgewählten
Fällen genannt worden.
Bei Personennamen, die Bestandteil eines Ortsnamens sind,
wurde lediglich auf die entsprechenden Toponyme in RGTC 5
und die Rezensionen hingewiesen. Nicht berücksichtigt
wurden Namen, von denen nur der Personenkeil erhalten
ist.
Probleme der Identifizierung
Das Namenbuch will möglichst viele Informationen zu
den einzelnen auftretenden Personen zusammenstellen wie die
Angabe der Tätigkeit bzw. den Titel, die Filiation,
Datierung, Bedeutung des Namens sowie Literatur.
Die prosopographischen Untersuchungen wurden durch
mehrere Umstände sehr erschwert:
- Ca. 60% der Texte aus Nippur tragen entweder
überhaupt kein Datum oder nur ein unvollständiges,
bei dem der Königsname fehlt,
- bei sehr vielen Namen steht weder eine Berufs- bzw.
Titelangabe noch eine Filiation und
- ein »Vollname« kann durch einen Kurznamen
ersetzt werden.
Bei der Identifikation von Personen, die den gleichen Namen
tragen, traten folgende Probleme zutage:
- Filiationen, Berufe bzw. Titel und eine
Herkunftsbezeichnung werden in den Texten nur sehr
sporadisch angegeben; fehlen solche Angaben, dann kann der
Nachweis, daß es sich um dieselbe Person handelt, nur
erbracht werden, wenn bei den zu vergleichenden Texten z.B.
Übereinstimmung bei mehreren Personennamen oder durch
spezifische Kontexte gegeben ist.
- Es ist wahrscheinlich, daß über die unten
zusammengestellten Kurznamen hinaus noch in zahlreichen
Fällen Träger eines Kurznamens mit solchen eines
Vollnamens identisch sind, auch wenn dies im Einzelfall
nicht mit Sicherheit nachzuweisen ist.
- Die Namen der Form DUMU m.PN bereiten einige
Schwierigkeiten. Es gibt viele eindeutige Fälle, bei
denen mit Sicherheit Mar-PN zu lesen ist. So tritt z.B. ein
Mar-Isbu-ula neben seinem Vater Isbu-ula auf oder ein
Mar-Ninurta-rim-ilani neben seinem Vater Ninurta-rim-ilani
(beide in PBS 1/2,77).
In anderen Fällen dagegen sieht es so aus, als ob
zwischen DUMU m.PN und m.PN (ohne DUMU) kein Unterschied
besteht, z.B. bei Abi-ensi: In BE 14,68,2 und 94,6 sowie BE
15,78,5 steht DUMU Abi-ensi NA.GAD, in CT 51,17,4 nur
Abi-ensi NA.GAD. In allen Texten geht es um Vieh- bzw.
Wollabrechnungen; die große Wahrscheinlichkeit der
Identität wird außerdem dadurch gestützt,
daß der weitere NA.GAD Sin-apla-iddina in allen vier
Texten erscheint. In diesen Fällen treten m.PN und DUMU
m.PN nie nebeneinander auf, und auch die Datierung liefert
keinen Hinweis auf ein zeitlich aufeinanderfolgendes
Auftreten von Vater und Sohn. Vielleicht bezeichnet die
Angabe DUMU auch einen Haushalt, der für diese
Vorgänge verantwortlich war. Trotzdem ist nicht
völlig auszuschließen, daß es sich hier um
Vater und Sohn handeln könnte, die zur gleichen Zeit
als NA.GAD tätig waren. Das gleiche trifft zu auf
(DUMU) Irme-tatta lu2.LUNGA2 (auch hier hätten, wenn es
sich um Vater und Sohn handeln sollte, beide den gleichen
Beruf und wären zur selben Zeit tätig gewesen),
(DUMU) Kubatu und (DUMU) Abdadanu. Diese Häufung von
gleichgearteten Fällen läßt die Annahme von
Schreibfehlern unwahrscheinlich erscheinen.
Andere Beispiele wiederum lassen die Vermutung zu,
daß DUMU m.PN verkürzt für PN1 DUMU PN2
steht. Als Beispiele seien hier genannt: Bubbu DUMU
Sumu-libsi (BE 15,176,7) und DUMU Sumu-libsi (BE 15,52,19),
sowie Zakiru DUMU Eribu NA.GAD (BE 14,99a,25;131,4) und DUMU
Eribu NA.GAD (BE 14,89,5). Die Deutlichkeit der Kontexte
spricht klar für die Identität. Das Beispiel
Melen-Sah ist besonders verwickelt: Es ist ein DUMU
Melen-Sah belegt, eine DUMU.MUNUS Melen-Sah, sowie zwei
namentlich genannte Söhne Kakkisu und Muranu. Ob man
bei DUMU Melen-Sah nun einen dieser beiden Personennamen
ergänzen kann oder ob ein weiterer Bruder gemeint ist,
ist hier natürlich nicht zu entscheiden.
Die Datierung
Anhand von Textvergleichen und Personen, die in mehreren
Texten ähnlichen Inhaltes auftauchen, konnten die
mittelbabylonischen Urkunden und Briefe entweder der Zeit
eines Königs zugeordnet werden oder zumindest auf zwei
beschränkt werden. Auf diese Art und Weise konnten rund
95% der Texte aus Nippur datiert bzw. annähernd datiert
werden. Das Ergebnis zeigt, daß das Gros der
schriftlichen Hinterlassenschaft der Kassiten in Nippur in
die Zeit von Burna-Burijas II. bis Sagarakti-Surijas
gehört, nur wenige Texte sind in die Zeit davor oder
danach einzuordnen.
Die Namen
...
Problematische Lesungen und Deutungen
Durch das Vergleichen von Textinhalten und Personen, die
in diesen Texten vorkommen, konnten auch viele
Personennamen, die sich bisher jeglicher Deutung entzogen,
identifiziert werden. So tauchte z.B. bei Clay der Name
Pi-zi-ia-ni auf, dessen Etymologie unbekannt war. In Texten
aus der gleichen Zeit mit ähnlichem Inhalt dagegen
erschien mehrfach ein Tal-zi-ia-en-ni, ein hurritischer
Name. Es lag also nahe, da noch mehrere Personennamen in
diesen Urkunden übereinstimmten, hier den gleichen
Namen zu sehen und damit den Lautwert tal2 für das
Keilschriftzeichen PI anzusetzen. Pi-zi-ia-ni ist also
Tal2-zi-ia-ni zu lesen, eine verkürzte Schreibung
für Tal-zi-ia-en-ni.
...
Besonders interessant ist eine Gruppe von
mittelbabylonischen Personennamen, bei denen als Ergebnis
der Verkürzung nur das theophore Element mit der
hypokoristischen Endung übrig geblieben ist. Diese
Kurznamen sind sowohl mit als auch ohne Gottesdeterminativ
versehen. Die meisten dieser Namen konnten erst
identifiziert werden, weil sie in einer Reihe von Texten,
die bisher nicht bearbeitet worden waren, mit dem
Gottesdeterminativ erschienen. Zu diesen Namen zählen
u.a. Kubatu (d.Kubu + atu), Babatu (d.Baba + atu), Baba'utu
(d.Baba + utu) und Damutu (d.Damu + utu). Die
Etymologisierung einiger dieser Namen wurde auch noch durch
den Umstand sehr erschwert, daß sie in dieser Kurzform
sehr oft mit anderen Keilschriftzeichen geschrieben wurden.
An den eben genannten Beispielen soll dies verdeutlicht
werden: So wird die Gottheit Kubu bzw. Kubi, wenn sie als
selbständiger Gottesname auftritt oder Bestandteil
eines vollständigen Namens ist, z.B. Kubu-eris, immer
mit dem Zeichen KU3 geschrieben, in der verkürzten Form
jedoch meist mit KU. Die Gottheit Baba erscheint nur mit der
Schreibung d.Ba-ba6, in der Kurzform jedoch als Ba-ba-.
Andere Kurznamen dieser Art dagegen sind eindeutig, wie
z.B. Istarjutu (d.Istar + jutu) und Nuskue'a (d.Nusku +
e'a).
Doch trotz vieler neuer Ergebnisse bei der Lesung und
Deutung von mittelbabylonischen Personennamen entziehen sich
immer noch einige einer Identifizierung. Dies resultiert zum
großen Teil daraus, daß nicht festgestellt
werden kann, welcher Sprachfamilie der Name zuzuordnen ist.
Im mittelbabylonischen Onomastikon sind neben kassitischen
Personennamen akkadische, sumerische, elamische, hurritische
und nordwestsemitische vertreten. Daneben sind jedoch auch
Namen unbekannter Herkunft zu finden, die keiner bekannten
Sprachfamilie zugewiesen werden können. Wie schwierig
im Einzelfall oft eine Deutung ist, zeigt der Name Huti-napu
bzw. Hudin-abu (Hu-di-na-bu). Die erste Variante wird als
Elamisch gedeutet, bestehend aus den Elementen hut und napu,
die zweite als hurritisch, sich zusammensetzend aus hudin
und abu. Beide Lesungen sind möglich, und es ist nicht
zu entscheiden, welcher Interpretation der Vorzug zu geben
ist.
Im Namenbuch werden mit Sumerogramm geschriebene Namen,
für die sich keine adäquaten akkadischen Beispiele
finden lassen, in der sumerischen Schreibweise
wiedergegeben, z.B. d.NANNA-ME-TUM2. Solche, bei denen eine
akkadische Übersetzung sicher oder möglich ist,
werden unter der akkadischen Form aufgeführt (s.o.
md.NANNA-MU-HE2.GAL2).
Bei den meisten Namen, die ein DINGIR (= ilu), EN (=
belu) oder GASAN/NIN (= beltu) beinhalten, kann nicht mit
Sicherheit entschieden werden, ob die persönliche Form
mit dem Possessivpronomen der 1. Person Sg. gemeint ist (=
ili, beli oder belti) oder die unpersönliche. Im
Namenbuch wurde in den meisten Fällen die
persönliche Form vorgezogen.
d.KUR, d.KUR.GAL und d.MAR.TU werden stets mit Amurru
wiedergegeben, auch wenn nicht auszuschließen ist,
daß d.KUR in einigen Fällen den Gott Ramman
bezeichnen könnte.
Anmerkungen zum Verwaltungssystem
Durch die Identifikation von Personen können
Archivzusammenhänge rekonstruiert werden, die die
Untersuchung der Aufgabengebiete einiger Personen
möglich macht. Es zeigte sich, daß die einzelnen
Verwaltungsangestellte wohl für bestimmte abgetrennte
Tätigkeiten zuständig waren, sich die
Aufgabengebiete aber auch überschneiden konnten. Im
Rahmen dieser Arbeit wurden exemplarisch Innannu und
Martuk(k)u ausgewählt, da sie die am häufigsten
belegten Verwaltungsangstellte in der Administration von
Nippur sind. Obwohl sie so oft genannt werden, ist von
keinem der beiden ein Titel oder Beruf bekannt. Dies ist
jedoch nicht nur bei ihnen der Fall, sondern auch bei
anderen bekannten Angehörigen der Verwaltung. Innannu
und Martuk(k)u sind mit einer Vielzahl von Tätigkeiten
befaßt, über die in den Exkursen ein
Überblick mit kurzer Zusammenfassung der Kontexte
gegeben wird. Welche Stellung sie in der Administration inne
hatten, wird nicht klar. Für die oberste
Verwaltungsebene stehen stellvertretend Enlil-kidinni und
Amil-Marduk, beide sandabakkus von Nippur. Das kassitische
Verwaltungssystem ist bis heute weitgehend unbekannt. Seine
Struktur läßt sich nicht mittels einzelner Texte
erschließen, sondern bedarf einer umfassenden
Spezialstudie, die den Rahmen dieser Arbeit bei weitem
sprengen würde.
Es müssen zwangsläufig aufgrund der
beschränkten Anzahl von veröffentlichten Texten
aus Nippur und vor allem wegen des Fehlens von
vergleichbarem Material aus anderen Städten der
mittelbabylonischen Periode, z.B. Babylon, viele Fragen
offen bleiben. Es kann festgehalten werden, daß das
administrative System während der Kassitenzeit sehr
straff organisiert war mit dem König an der Spitze und
einem sehr großen Beamtenapparat unter ihm. Nippur
nahm in der mittelbabylonischen Verwaltung eine
herausragende Stellung ein. Von hier aus wurde das
umliegende Land bzw. die Orte verwaltet: Alle Ausgaben und
Einnahmen wurden in den Verwaltungsarchiven registriert wie
Versorgungsleistungen an Angehörige und Untergebene des
Staates oder Einnahmen von Felderträgen.
Die Siegel und Siegelpraxis
Großer Wert wurde in dieser Arbeit auch auf die
Einbeziehung der Siegel und die Siegelpraxis gelegt.
Verwendet wurden Rollsiegel, die auf den noch nicht
gebrannten Tontafeln abgerollt wurden; erst danach wurden
die Tafeln beschrieben und gebrannt. Die meisten
mittelbabylonischen Siegel aus Nippur tragen eine Inschrift
und sind in der Regel nur durch Abrollungen
überliefert.
Eine wichtige Erkenntnis, die zum Teil anhand
persönlicher Überprüfungen an Tafeln in der
Hilprecht-Sammlung in Jena gewonnen wurde, ist die,
daß die Behauptung widerlegt werden kann, daß
sich Siegelabrollungen nur auf Hüllentafeln finden. Die
zu einer Hülle gehörige Innentafel enthält
den gleichen Text, der manchmal auch gering abweichen kann.
Hüllentafeln sind meist dicker als einfache. Bei der
Überprüfung der in Jena befindlichen
Keilschrifttexte mit Siegelabrollungen konnten
Hüllentafeln in vielen Fällen mit Sicherheit
ausgeschlossen werden. Sie waren nämlich zu dünn,
um eine Innentafel beinhalten zu können. Ein Exemplar
war im übrigen zerbrochen gewesen und wieder
zusammengeklebt worden. Wenn sich Spuren einer Innentafel
gefunden hätten, wäre dies vom Restaurator
vermerkt worden.
Eine nähere Untersuchung ergab dann, daß es
sich bei diesen einfachen gesiegelten Tafeln meist um eine
bestimmte Art von Verwaltungsurkunden handelte, nämlich
die sog. aklu-Zuteilungen. Eine andere Urkundengruppe
dagegen, die iska=ru-Zuteilungen, das sind Zuweisungen von
Rohmaterial zur Weiterverarbeitung, zeigen ein anderes Bild.
Soweit die Siegelabrollungen vorhanden sind, finden sie sich
auf Hüllen. Es läßt sich also keine
allgemein gültige Regel bezüglich der Siegelpraxis
ableiten. Es waren offensichtlich einfache Tafeln und
Hüllentafeln gesiegelt, ob man dahinter ein bestimmtes
System vermuten kann, muß offen bleiben.
Auch die Frage, wer eine Urkunde siegelte, konnte nicht
befriedigend beantwortet werden, doch lassen sich zwei
Punkte vorläufig festhalten:
- Bei den Siegelabrollungen auf aklu-Urkunden scheint es
sich um die Siegel von Verwaltungsstellen zu handeln, da,
soweit Namen in den Siegelinschriften erhalten sind, sie mit
den Siegelbeischriften auf den Urkunden nicht
übereinstimmen und andere Siegel von mehreren Personen
benutzt werden, was sich am Beispiel einiger gut bezeugter
Verwaltungsangestellter belegen läßt.
...
Da keine Verwandtschaftsbeziehungen zwischen diesen
Personen nachweisbar sind und es sich bei den beiden
Personen, deren Name in den Siegelinschriften erhalten ist,
um zwei bedeutende Persönlichkeiten handelt, ist also
die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß es sich
bei diesen Siegeln um »offizielle Amtssiegel«
handelt und die Siegelbeischrift, soweit vorhanden,
lediglich den »Angestellten« bezeichnet, der
diesen Verwaltungsvorgang bearbeitet hat.
- Bei den iskaru-Zuteilungen und bei anderen
Empfangsquittungen steht in der Regel in der
Siegelbeischrift der Empfänger der Waren, bei den
iskaru-Zuweisungen sind dies meist Brauer und Müller.
Ob es sich jedoch bei den Besitzern der Siegel wirklich um
die in der Siegelbeischrift stehenden handelt, ist fraglich,
da z.B. der Brauer Eulmas-bitu und der Müller Res-asusu
einmal das gleiche Siegel benutzen. Es sieht also auch bei
den iskaru-Zuteilungen so aus, als ob es sich nicht um die
Siegel derer handelt, die in den Siegelbeischriften genannt
werden, sondern auch um die Siegel von bestimmten
Verwaltungsstellen. Inwieweit dies auch auf die Siegel auf
anderen Empfangsquittungen zutrifft, kann nicht gesagt
werden, weil in den Siegelinschriften nur sehr selten ein
Siegelinhaber namentlich genannt wird oder aber der Name
zerstört ist.
Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß
neben gesiegelten Hüllen auch gesiegelte einfache
Tafeln vorkommen und daß die Namen von Personen, die
in der Siegelbeischrift genannt sind, nicht mit denen
übereinstimmen, die in der Siegelinschrift stehen,
soweit sie vorhanden sind, so daß der Schluß
naheliegt, daß »Amtssiegel« verwendet
wurden.
...
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